Fred Bergsten und Joseph Gagnon schreiben in einem Artikel (“Time for a fightback in the currency wars”) in FT, dass die am häufigsten übersehene
Ursache der Konjunkturschwäche in den USA und Europa die “globalen
Währungskriege” (global currency wars)
sind. Würden alle Interventionen am Devisenmarkt aufhören, würde sich das
Handelsbilanzdefizit der USA nach Schätzung der Autoren um 150 bis 300 Mrd. $
verringern, was 1 bis 2% des BIP entspricht.
Die
Autoren, die beim Peterson Institute for
International Economics tätig sind, bezeichnen China als bei weitem den grössten „Währung-Aggressor“ (currency aggressor). Bergsten und Gagnon
unterscheiden drei Gruppen: (1)
China und andere asiatische Länder wie z.B. Japan, Singapur, Taiwan, Korea,
Hongkong, Thailand und Malaysia, (2)
die bedeutenden Ölexporteure wie z.B. die Vereinigte Arabische Emirate,
Russland, Norwegen, Saudi-Arabien, Kuwait und Algerien, und (3) die reichen Länder, die in der Nähe
der Eurozone sind, wie z.B. Schweiz, Dänemark und Israel.
Die
genannten Länder werden laut Autoren durch schnell wachsende Fremdwährungsreserven
und erhebliche Leistungsbilanzüberschüsse gekennzeichnet. Die Länder kaufen
US-Dollar und Euro, um die eigene Währung abzuwerten und das eigene
Exportgeschäft zu fördern. Dadurch werden die Ausfuhren subventioniert und die
Einfuhren besteuert, argumentieren die Autoren weiter. „Diese Taktik exportiere
Arbeitslosigkeit an den Rest der Welt“, behaupten Bergsten und Gagnon.
Auf die
Kritik, dass die USA die Währungskriege durch ihre unkonventionelle Geldpolitik
(genannt QE: quantitative easing) anheizen, antworten die Autoren, dass die
US-Initiative ausschliesslich in US-Dollar stattfinde und Konsum und
Investitionen in den USA ankurbeln wolle. Jede Auswirkung auf den Wechselkurs
sei zweitrangig.
Sowohl die SNB als auch die BoI kaufen im Sog der Euro-Krise Devisen am Markt, um die expansive Geldpolitik fortzusetzen. Denn wenn die Geldpolitik nicht mehr
eingesetzt werden kann, weil der Nominalzins bereits nahe an der Nullgrenze liegt (Liquiditätsfalle), haben die Zentralbanken die Option, auf sog. unkonventionelle
Massnahmen zurückzugreifen, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage
wiederzubeleben.
Die
Festlegung eines Mindestkurses durch die SNB gilt vor diesem Hintergrund als
eine ausserordentliche Massnahme in einer Extremsituation. Es handelt sich
dabei nicht um einen Schritt in Richtung einer kompetitiven Abwertung, um
unfaire Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Die Begründung für den Einsatz solcher
Mittel ist ökonomisch eindeutig. Die SNB kommuniziert darüber transparent. Der SNB-Präsident Thomas Jordan legt Wert darauf,
dass die Ziele und die Motivation dieser Massnahme von den Märkten und
ausländischen Zentralbank verstanden werden.
Angesichts
der Fragmentation der Euro-Zone funktioniert der Devisenmarkt nicht mehr
ordentlich. Der Mindestkurs dient dazu, Störungen entgegenzuwirken und die damit verbundenen
Kosten für die Schweizer Wirtschaft abzuwenden. Die SNB will mit der am 6.
September 2011 festgelegten Untergrenze die fatalen Auswirkungen der von
Brüssel im Euro-Raum verordneten drakonischen Sparmassnahmen mildern.
Für die hohe
Arbeitslosigkeit im Euro-Raum
sind nicht die Interventionen der SNB
und/oder BoI am Devisenmarkt
verantwortlich, sondern die harsche Austeritätspolitik, die die EU für Europa mitten
in einer schweren Depression wider besseres Wissen vorschreibt. Denn der
Aufschwung, nicht der Abschwung ist der richtige Zeitpunkt für Sparmassnahmen.
Weil die EU genau das Gegenteil macht, herrscht im Euro-Raum hohe Jugendarbeitslosigkeit. Dazu kommt, dass die EZB sich weigert, als lender of last resort zu agieren.
Wie Paul Krugman und Paul De Grauwe überzeugend argumentieren, würden die Länder an der EU-Peripherie
heute gern abwerten, wenn sie eigene Landeswährung hätten statt die Gemeinschaftswährung, um
die Kosten und die Preise zu korrigieren
(d.h. zu senken), die wegen der wachsenden Lücke in Wettbewerbsfähigkeit im Euro-Raum gestiegen sind.
Die Schweiz und Israel als „currency aggressors“ zu bezeichnen, ist
daher abwegig.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen