Donnerstag, 3. Februar 2011

Mythenbildung durch Banken

Die neue Normzeile der grossen globalen Banken besteht aus zwei Komponenten, wie es aus den Aussagen von Jamie Dimon, JP Morgan Chase und Robert Diamond, Barclays in Davos deutlich hervorgeht: (1) „Wenn Sie uns regulieren, werden wir in andere Länder umziehen“ und (2) „die öffentliche Hand soll sich nicht um die Banken kümmern, sondern um die Haushaltsdefizite in den USA, Grossbritannien und anderen Industrieländern, indem sie die Staatsausgaben kürzt“. Diese Rhetorik ist bestenfalls irreführend, schreibt Simon Johnson in einem lesenswerten Essay („The Ruinous Fiscal Impact of Big Banks“) in NYT. Im schlimmsten Fall stellt sie ein eklatanter Versuch dar, die öffentliche Hand zu erschüttern, bemerkt der ehem. Chefökonom des IWF. Haushaltsdefizite und Staatsverschuldung sind in den letzten Jahren in der Tat stark gestiegen, aus einem einfachen Grund: Die Grossbanken, die im Mittelpunkt des Finanzsystems stehen, haben sich in die Luft gesprengt. In dieser Hinsicht ist die Schlussfolgerung des Untersuchungsausschusses (FCIC) sehr klar und zutiefst faszinierend, beschreibt Johnson.

Niemand hat die Banken gezwungen, so viel Risiko einzugehen. Top-Banker leisten Lobbyarbeit für Regelungen, die ihnen rücksichtsloses Verhalten ermöglichen, hebt der an der MIT Sloan lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Und diese Menschen haben das Herz, den Verstand und das Portemonaie  der Regulierungsbehörden erobert, in dem Sinne, dass ein angesehener Regulator sich später von einer Bank anstellen lassen kann, legt Johnson dar.

Die Mega-Rezession (gemessen an Arbeitslosigkeit) hat einen erheblich Rückgang der Steuereinnahmen verursacht. Fallende Steuereinnahmen unter solche Umständen sind ein Teil dessen, was technisch als „automatische Stabilisatoren“ der Wirtschaft bekannt ist. Das heisst, dass sie die kontraktive Auswirkungen eines Finanz-Schocks ausgleichen, ohne dass der Staat diskretionäre Massnahmen ergreifen muss. Was auch immer man von der Wirksamkeit der zusätzlichen Konjunkturpakete halten mag, ist in Erinnerung zu rufen, dass die Effekte auf das Haushaltsdefizit im Vergleich zum Rückgang der Steuereinnahmen relativ klein ausgefallen sind, erklärt der Autor des lesenswerten Buches „13 Bankers“. Es ist daher nicht möglich, über den Abbau des Haushaltsdefizits in absehbarer Zeit zu diskutieren, ohne die Risiken, die aus dem Finanzsystem ausgehen, zu konfrontieren und zu bewerten.

Neil Barofsky, der Generalinspektor des TARP (Troubles Assets Relief Programm) sagt in seinem jüngsten Quartalsbericht, dass das bedeutendste Vermächtsnis von TARP „Moral Hazard und die potenziell katastrophalen Folgen des Fortbestands der TBTF-Institute“ ist. „Wenn rücksichtslose Banken gross genug werden, ruiniert ihre Selbstzerstörung das Geschäftsjahr eines ganzen Landes“, bekräftigt Johnson. In diesem Zusammenhang ist das Argument, dass die Mega-Banks in andere Länder wegziehen würden, einfach lachhaft. „Diese Giganten brauchen eine öffentliche Bilanz, an die sie sich stützen können oder sie werden nicht in der Lage, Geld aufzunehmen“, so Johnson.

Fazit: Bankkapital ist nicht teuer im sozialen Sinne, wie Anat Admati unterstreicht. In der Schweiz werden die Grossbanken verpflichtet, etwa doppelt so viel Eigenmittel zu halten wie von Basel III angefordert wird. Die USA müssen dafür sorgen, dass ihr Finanzsystem mit mehr Eigenkapital finanziert wird als es gegenwärtig der Fall ist, fasst Johnson zusammen.


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