In der Debatte um die Regulierung der Eigenmittel der Banken gibt es ein weit verbreitetes Gefühl, dass das „Eigenkapital teuer“ ist und die erhöhten Eigenmittelanforderungen, während sie Nutzen bringen, mit Kosten verbunden seien. Die Argumente, die im diesem Zusammenhang auftreten, werden von Anat Admati, Peter DeMarzo, Martin Hellwig und Paul Pfleiderer in einem Research-Paper („Fallacies, Irrelevant Facts und Myths in the Discussion of Capital Regulation: Why Bank Equity is NOT Expensive“), welches für das The Rock Center for Corporate Governance at Standford University (Working Paper Series No. 86) im Oktober 2010 veröffentlicht wurde, im einzelnen überprüft. Die erwähnten Experten kommen zum Schluss, dass diese Argumente trügerisch, irrelevant oder einfach falsch sind. Die Analyse fasst zusammen, dass deutlich höhere Eigenkapitalanforderungen grossen sozialen Nutzen mit sich bringen, und, wenn überhaupt, nur minimale Kosten nach sich ziehen. Einige der Argumenten gegen hohe Eigenkapitalanforderungen werden im Folgenden aufgestellt und erläutert, warum sie entweder falsch sind oder nicht gestützt werden.
Alternative Antworten auf erhöhte Eigenkapitalanforderungen, Graph: Standford University Working Paper Series No. 86: “Fallacies, Irrelevant Facts und Myths in the Discussion of Capital Regulation: Why Bank Equity is NOT Expensive”.
Erhöhte Eigenkapitalanforderungen zwingen die Banken, Geldmittel auf die Seite zu legen, oder in Reserve zu halten:
Dieses Argument verwechselt Liquiditätsbedarf (liquidity requirements) mit Eigenkapitalanforderungen (capital requirements). Eigenkapitalanforderungen beziehen sich darauf, wie die Banken finanziert werden sollen und v.a. auf die Mischung zwischen dem Fremd- und Eigenkapital in der Bilanz der Banken. Es macht keinen Sinn, Kapital auf die Seite zu legen. Die Anforderungen im Hinblick auf die Liquidität beziehen sich auf die Art des Vermögens und die Asset-Mischung, welche die Banken halten müssen. Da sie verschiedene Seiten der Bilanz adressieren, gibt es keinen Zusammenhang zwischen dem Liquiditätsbedarf und den Eigenkapitalanforderungen.
Erhöhte Eigenkapitalanforderungen erhöhen Kapitalisierungskosten der Banken, weil Eigenkapital eine höhere Rendite erfordert als Fremdkapital:
Dieses Argument ist irreführend, weil die erforderliche Rendite auf das Eigenkapital, welches eine Risikoprämie enthält, abnehmen muss, wenn mehr Eigenkapital eingesetzt wird. Jede Argumentation oder Analyse, welche die Eigenkapitalrentabilität festhält, wenn die Veränderungen der Eigenkapitalanforderungen ausgewertet werden, grundlegend fehlerhaft sind.
Erhöhte Eigenkapitalanforderungen verringern die Eigenkapitalrentabilität (ROE) der Banken und das bedeutet ein Wertverlust:
Dieses Argument ist irreführend. Die erwartete Eigenkapitalrentabilität einer Bank nimmt mit Leverage (Fremdkapital) zu und würde daher abnehmen, wenn Leverage reduziert wird. Diese Änderung kompensiert lediglich die Veränderung des Risikos, welches von Anteilseigner getragen wird und bedeutet nicht, dass der Shareholder Value verloren oder gewonnen wird. Aktionäre, die zusätzliche Risiken tragen wollen, können ihre durchschnittliche Rendite erhöhen, indem sie Aktien auf Margin kaufen.
Erhöhte Eigenkapitalanforderungen erhöhen Finanzierungskosten der Banken, weil die Banken nicht in der Lage wären, zu günstigen Sätzen (welche durch Steuervorteile und andere Subventionen geschaffen werden) Kapital zu leihen:
Es ist wahr, dass die Fremdfinanzierung durch Steuern und implizierte Garantien subventioniert und die Finanzierung durch Eigenkapital wirksam geahndet werden. Eine Politik, die hohe Leverage fördert, ist paradox und verzerrend, weil hohe Leverage eine Quelle von systemischen Risiken ist. Die Zuschüsse stammen aus öffentlichen Mitteln. Wenn einige Aktivitäten von Banken einer Förderung durch die öffentliche Hand wert sind, dann sollten diese Tätigkeiten direkt unterstützt werden.
Erhöhte Eigenkapitalanforderungen sind kostspielig, da die Fremdkapitalaufnahme „market discipline“ für die Bank-Manager fördert:
Es gibt zwar theoretische Modelle, die zeigen, dass die Verschuldung manchmal eine disziplinierende Funktion ausüben kann, aber die Argumente gegen die Eigenkapitalanforderungen basieren auf sehr schwache Begriffe. (1) Hohe Leverage schafft tatsächlich viele Reibungen. Insbesondere schafft Leverage Anreize für die Banken, zu hohe Risiken einzugehen. Jene angeblichen Vorteile von Verschuldung, die Manager disziplinieren, müssen gegen die Reibungen durch Verschuldung gemessen werden. (2) Die Vorstellung, dass die Verschuldung eine disziplinierende Rolle spielt, wird durch die Ereignisse des letzten Jahrzehnts widersprochen, welches sowohl eine dramatische Zunahme von Bank Leverage (und Risiken) als auch die Finanzkrise selbst einschliesst. Es gibt wenig oder keine Hinweise, dass die Gläubiger der Banken eine nennenswerte Disziplin während dieses Zeitraums geliefert haben. (3) Viele Modelle, die entwickelt wurden, um der Verschuldung eine positive, disziplinierende Rolle beizumessen, ignorieren die disziplierende Rolle, die durch das Eigenkapital oder alternative Governance-Mechanismen gespielt werden könnte. (4) Die vermeintliche Disziplin, die sich auf die Verschuldung abstützt, hängt von einer fragilen Kapitalstruktur ab, finanziert durch kurzfristige Schulden, die häufig erneuert werden muss. (5) Es ist zu fragen, ob es weniger kostspielige Möglichkeiten gibt, das Governance-Problem zu lösen.
Erhöhte Eigenkapitalanforderungen veranlassen die Banken, die Kreditvergabe und/oder andere wertvolle Aktivitäten einzuschränken:
Eigenkapitalanforderungen begrenzen nicht mechanisch die Tätigkeit der Banken, darunter Kreditvergabe, Einlagen und die Ausgabe von Geldmarktpapieren. Banken können alle ihre bestehenden Aktiva und Passiva aufrechterhalten, während sie die Leverage reduzieren, durch Aktienemissionen und die Ausweitung ihrer Bilanzen. Sobald die Banken besser kapitalisiert sind, werden sie Kreditvergabe und ihre Investitionsentscheidungen verbessern, weil sie die Anreize für übermässige Risikobereitschaft werden reduziert haben und in der Tat weniger von Verzerrungen aufgrund von „debt overhang“ (Schuldenüberhang) betroffen sein.
Die Tatsache, dass die Banken dazu neigen, sich in erster Linie mit Fremdkapital zu finanzieren und ein hohes Mass an Leverage haben, bedeutet, dass das der optimale Weg zur Finanzierung der Aktivitäten von Banken ist:
Daraus folgt nicht, dass, nur weil die Finanzinstitute hohe Leverage wählen, diese Form der Finanzierung privat oder sozial optimal ist. Ganz im Gegenteil: Das beobachtete Verhalten ist das Ergebnis von Faktoren, die keinen Bezug auf soziale Belange haben, wie steuerliche Anreize und andere Subventionen und zu Reibungen, welche mit Interessenkonflikten zusammenhängen und der Fähigkeit, sich im Voraus für bestimmte Investitions- und Finanzierungsentscheidungen festzulegen.
PS: Hier ist Standford GSB News:
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