Die Unruhen in Nordafrika und die sich zuspitzende Lage im Nahen Osten treiben den Preis für Erdöl weiter in die Höhe. Der Preis für die US-Ölsorte WTI (West Texas Intermediate) kletterte gestern auf 96 Dollar je Barrel (159 Liter) und ist damit so teuer wie seit Oktober 2008 nicht mehr. Das Nordsee-Öl Brent legte auf 106,47 Dollar zu und erreicht damit ein Zwei-Jahres-Hoch. Die Internationale Energieagentur (IEA) ist um grössere Lieferausfälle besorgt. Es steht fest, dass der drastische Anstieg der Ölpreise die Erholung der Wirtschaft gefährdet. James Hamilton befasst sich in seinem Blog mit dem sich weiter vergrössenden Preisunterschied zwischen den beiden wichtigsten Ölsorten der Welt. Normalerweise liegen die beiden Ölpreise ca. 2 Dollar auseinander, weil ihre Eigenschaften ähnlich beschaffen sind.
WTI (Cushing , Oklahoma ) versus Brent (North Sea Brent, Europa), Graph: Prof. James Hamilton in Econbrowser
In der amerikanischen Kleinstadt Cushing im Bundesstaat Oklahoma liegen grosse Lager. Zudem fliesst aus Kanada über eine Pipeline zusätzliches Öl nach Cushing. Es gibt also in Amerika eine Übervorsorgung mit Öl. Der Preisunterschied lässt sich aber damit nicht erklären. Es gibt fundamentale Gründe, bemerkt der an der University of California, San Diego lehrende Wirtschaftsprofessor. Nämlich Güter, die nahe Substitute sind und leicht transportiert werden, für einen ähnlichen Preis verkauft werden sollten, selbst wenn die Grundlagen von lokalen Angebot und Nachfrage jenseits Regionen unterschiedlich sind, argumentiert Hamilton. Die wirtschaftliche Kraft, die dies gewährleistet, ist Arbitrage. Immer wenn Preisunterschiede entstehen, gibt es sehr starke monetäre Anreize für jedermann, auf dem Markt zu kaufen, wo der Preis niedrig ist, um auf dem Markt zu verkaufen, wo der Preis hoch ist. Die Folgen solcher Aktionen treibt den niedrigen Preis hoch und den hohen Preis runter, bis die profitablen Arbitrage-Möglichkeiten nicht mehr länger existieren.
Wöchentliche Preisentwicklung von WTI (Cushing, Oklahoma) versus Brent (North Sea Brent, Europa), Graph: Prof. James Hamilton in Econbrowser
Die erste Verteidigungslinie des Gesetzes vom einheitlichen Preis ist also die finanzielle Arbitrage oder das Trading mit „Paper Oil“, wie manche Beobachter betonen, erläutert Hamilton. Wenn ich gleichzeitig WTI Futures kaufe und Brent Futures verkaufe, kann ich meinen Profit einstreichen, bevor jemand seine Hände am Boden mit dem tatsächlichen Öl schmutzig macht. Viele Menschen verdienen ihren Lebensunterhalt auf diese Weise. Und das ist in der Tat das, was i.d.R. dafür verantwortlich ist, dass die relativen Preise in den verschiedenen Märkten in Reaktion auf Nachrichten, die überall auf der Welt entstehen, unverzüglich synchronisiert verlaufen.
Aber aus irgendeinem Grund haben die Leute, die normalerweise dieses Spiel spielen, ihre Murmeln mitgenommen und sind nach Hause gegangen, beschreibt Hamilton weiter. Vielleicht haben sie sich die Finger verbrannt, indem sie versucht haben, einen strafferen Brent-WTI-Spread aufrechtzuerhalten als die echte physische Arbitrage angesichts der Lieferbedingungen auf dem Boden garantiert. Vielleicht sind sie in eine andere finanzielle Zwangslage geraten oder vielleicht hat ihnen etwas anderes auf dem Markt Angst eingejagt.
Aber es bleibt viel Geld auf dem Tisch für physische Arbitrage: kaufe das physische Produkt dort, wo es billig ist und verkaufe es dort, wo es teuer ist. The Oil Drum hält fest, dass der effizienteste Weg, dies zu tun, wäre, mit der Seaway Pipeline zu beginnen, welche das Öl aus dem Golf von Mexiko nach Oklahoma, und umgekehrt, liefert. ConocoPhilips, Miteigentümer der Pipeline und einer Raffinerie in Oklahoma scheint an dem Plan nicht interessiert. Das Unternehmen kann als integrierter Refiner und Produzent Gewinne erwirtschaften, entweder aus Raffinerie-Margen oder aus dem Verkauf. Mit dem Transport von Öl aus dem Mittleren Westen dürfte sich das Unternehmen jedoch politische Kritik einhandeln. Deshalb zieht es vielleicht vor, den Status quo beizubehalten.
Es gibt aber viele andere Arbitragemöglichkeiten für andere Spieler, schildert Hamilton weiter. Es kostet offenbar 6$ per Shiff, ein Fass von Cushing in den Golf von Mexiko zu fördern und 10 $ per LKW. Bei einem Spread von 15$ oder mehr scheint es ziemlich verlockend.
Fazit: Hamilton rechnet damit, dass der hohe Preisunterschied zwischen WTI und Brent wieder zurückgehen wird. Entweder der WTI-Preis in Cushing wird steigen oder der Brent-Preis in Europa wird zurückfallen. Oder eine Kombination von beiden.
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