Mittwoch, 16. Februar 2011

Was ist die „neue normale“ Arbeitslosenquote?

Eine kürzlich von der San Francisco Fed vorgelegte Forschungsarbeit („What ist the new normal unemployment rate?“) sorgt für viel Stimmengewirr. Die Quintessenz ist, dass die „neue normale“ Arbeitslosenquote zwischen 6 und 7% liegen dürfte. Zur Zeit gibt es nur sehr wenige offene Stellen im Verhältnis zur Anzahl der Arbeitslosen. Paul Krugman liefert dazu die folgende Abbildung in seinem Blog. Es steht ausser Frage, dass es die Nachfrage ist, die auf Arbeitslosigkeit lastet. Was die Forschungsarbeit der San Francisco Fed andeutet, ist, dass wir jetzt angesichts der Höhe der Arbeitslosigkeit mit noch weniger Stellenangeboten rechnen müssen. Und das legt nahe, dass wir, wenn und wann die Wirtschaft sich erholt, Angebotsengpässen gegenüberstehen würden, und zwar früher als man denkt.


Stellenangebote im Vergleich zu Arbeitslosenzahl, Graph: Prof. Paul Krugman

Die Schätzungen der Forschungsarbeit präsentieren Schlussfolgerungen, die wiederum weitgehend Neuland betreffen. Die Arbeitslosigkeit hat länger als 21 Monate 9% oder sogar höher betragen, länger als jede Erfahrung seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, betont Krugman. Es fragt sich daher, wie zuverlässig die gewöhnlichen Verhältnisse in dieser besonderen Situation sind? Die Studie geht nämlich davon aus, dass etwa die Hälfte des geschätzten Anstiegs der natürlichen Rate der Arbeitslosigkeit auf die Verlängerung der Arbeitslosenunterstützung zurückzuführen ist. Die Arbeitslosenunterstützung wird aber nicht fortgesetzt, wenn und wann die Wirtschaft sich wieder erholt. Die Zusatzleistungen sind deshalb kein Teil einer „neuen Normalität“.

Die Autoren (Justin Weidner und John Williams) der Analyse nehmen ferner an, dass ein Teil davon, was von der Langzeitarbeitslosigkeit übrig bleibt, die „work skills“ (Fertigkeiten) erodiert. Wenn dem so ist, ist es ein Argument für mehr geld- und fiskalpolitische Impulse, nicht dagegen, bekräftigt Krugman mit Recht, weil wir diese Arbeitnehmer an den Arbeitsplatz zurückbringen müssen, sonst gehen sie für immer verloren.


Schätzungen der natürlichen Arbeitslosenquote, Graph: San Francisco Fed

Fazit: Es ist eine interessante Forschungsarbeit, aber sie hat für die gegenwärtige Wirtschaftspolitik keine Relevanz.

PS: Ein grosser Teil des Problems ist zyklisch, nicht strukturell, hält Mark Thoma mit Bezug auf die erwähnte Forschungsarbeit in seinem Blog fest. Und es ist zu erwarten, dass die wesentliche Schwäche des Arbeitsmarktes mehrere Jahre anhalten wird. Das erfordert mehr aggressive Wirtschaftspolitik von Kongress. Aber es ist unwahrscheinlich, dass das passiert, fasst Thoma zusammen. Während die Bush-Steuersenkungen (Bush Tax Cuts)wenig getan haben, die Wirtschaft anzukurbeln, sind sie teuer und die Kosten gehen zu Lasten des Haushaltes, der gekürzt wird. Die daraus resultierenden Probleme im Haushalt begrenzen unsere Fähigkeit, auf die Rezession zu reagieren und schaffen zusätzliche Schwierigkeiten, die private Haushalte ertragen müssen.

PPS: Es wäre falsch, wenn die Fed ihren Ausblick aufgrund der Ergebnisse dieser Analyse revidieren würde. Und es wäre falsch, wenn die Fed zu schnell auf die Inflation, wenn sie sich entwickelt, reagieren würde, bemerkt The Economist dazu.

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