Die von der Schweizer Regierung (Bundesrat) eingesetzte Expertenkommission hat heute ihren Schlussbericht veröffentlicht. Die Empfehlungen fokussieren auf die TBTF-Problematik. Die SNB und die FINMA (Schweizer Finanzmarktaufsicht) waren auch in der Expertenkommission, die ein Paket von Massnahmen (Eigenmittel, Organisation, Liquidität und Risikoverteilung) unterbreitet, beteiligt. Die Vorschläge gehen, was Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen betrifft, über die internationalen Minimalstandards des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht hinaus.
Anforderungen in Milliarden CHF, Graph: Expertenkommission, Oct. 4, 2010
Im Zentrum der Empfehlungen stehen (a) verschärfte Eigenmittelanforderungen flankiert durch neue Kapitalinstrumente und (b) organisatorische Massnahmen, die auch im Krisenfall unverzichtbare Dienstleistungen im Zahlungsverkehr, Einlagen- und Kreditgeschäft sicherstellen, teilt die Expertenkommission mit. Ergänzt werden diese Massnahmen durch strengere Liquiditätsvorschriften sowie eine Begrenzung der Verpflechtungen und Klumpenrisiken im Finanzsektor.
Neue Anforderungen, Graph: Expertenkommission
Begriffserläuterungen:
Common Equity: Engste Kapitaldefinition. Eigenkapital, das bei Fortführung der Bank zur Verlustabsorption zur Verfügung steht (z.B. Aktienkapital, Gewinnvorträge und offene Reserven).
Tier-1-Kapital: Kernkapital, das der Bank unbefristet zur Verfügung steht (z.B. einbezahltes Kapital, offene Reserven, Gewinnvorträge). Auch bestimmte hybride Kapitalinstrumente sind anrechenbar.
Tier-2-Kapital: Ergänzendes Kapital mit begrenzter Verlustabsorptionsfähigkeit (z.B. nachrangige Anleihen, stille Reserven, hybride Kapitalinstrumente.
Leverage Ratio (Verschuldungsgrad): Das minimale Verhältnis der Eigenmittel zur Bilanzsumme.
Contingent Convertible Bonds („CoCos“): Pflichtwandelanleihen. Es handelt sich dabei um neue Kapitalinstrumente, die beim Unterschreiten vordefinierte Eigenkapitalquoten einer Bank („Trigger“) automatisch in Eigenkapital gewandelt werden.
TBTF-Problematik („too big to fail“) : Ein Unternehmen gilt laut Expertenkommission als systemrelevant, (1) wenn es Leistungen erbringt, die für die Volkswirtschaft zentral sind und auf die grundsätzlich nicht verzichtet werden kann, und (2) wenn andere Marktteilnehmer die systemrelevanten Leistungen des Unternehmens nicht innerhalb der Frist ersetzen können, die für die Volkswirtschaft tragbar ist.
Für die praktische Einstufung eines Unternehmens als TBTF bedarf es laut Expertenkommission expliziter Kriterien: (a) Grösse und Marktkonzentration, (b) Vernetzung und (c) mangelnde Substituierbarkeit.
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