Sonntag, 6. Februar 2011

Rezession und die übliche Frage, woher die Nachfrage kommen soll

In der jeder Rezession stellt sich die Frage, woher die Nachfrage kommen soll. Früher pflegte man zu antworten: aus dem Wohnungsbau (housing). Andererseits ist es aber so, dass man, wenn Lehnstuhl-Ökonomen die Antwort darauf wüssten, keine Marktwirtschaft bräuchte. Es ist aber in der Tat keine Frage, welcher Sektor die Spitze der Wiederbelebung übernehmen wird. Es ist auch keine Frage, welche bestimmte Gruppe von Menschen oder Unternehmen die ersten werden, die die Ausgaben erhöhen würden. Es ist nämlich keine Mikro-Frage, sondern eine Makro-Frage, bemerkt Nick Rowe in einem lesenswerten Beitrag in seinem Blog. Was die Menschen, die die Frage stellen, wirklich suchen, ist, eine andere Quelle der Nachfrage, die von ausserhalb des Systems kommt: exogene Nachfrage: von Ausfuhren vielleicht. Zum Beispiel aus China. Die Antwort würde die Menschen überzeugen. Aber die Logik dieser Antwort mündet darin, dass alle die „Exporte nach Mars“ steigern wollten. Die Makroökonomie ist jedoch ein geschlossenes System. Die Nachfrage kann nicht von ausserhalb des Systems kommen, weil es kein „outside“ gibt, erklärt Rowe.

Die Nachfrage kommt meistens von sich aus. Das ist die Antwort, die für die meisten Menschen keinen Sinn macht. Es ist aber die Logik des alt- keynesianischen Multiplikators, beschreibt der an der Carleton Universtiy in Ottawa lehrende Wirtschaftsprofessor. Die kurze Seite des Marktes bestimmt die Menge, die gehandelt wird. Die verkaufte Menge ist je nach dem geringer: entweder wegen der nachgefragten oder angebotenen Menge. Wenn es ein Überangebot an Waren gibt, dann ist die realisierte Menge an verkauften Waren und das Einkommen, welches aus diesen verkauften Waren resultiert, nachfragebestimmt. Wenn die Leute nicht in der Lage sind, ihre Pläne zu realisieren, so viel an Waren zu verkaufen, wie sie sich wünschen (d.h. wenn sie Mengeneinschränkungen nach dem Clowerian-Modell gegenüberstehen), dann hängt ihre Nachfrage nach Waren von ihren realisierten Verkäufen ab, was nachfragebestimmt ist. Das heisst, dass Nachfrage Einkommen schafft und Einkommen Nachfrage generiert. Auf diese Weise schafft Nachfrage Nachfrage. Das ist die Grundeinsicht des alt-keynesianischen Multiplikators, was in der neu-keynesianischen Euler-Gleichung verloren gegangen ist, hebt Rowe hervor.

Es ist das Einkommen, welches aus den realisierten Verkäufen an neu hergestellten Waren resultiert, was wiederum das nötige Kleingeld schafft, dieselben neu hergestellten Güter zu kaufen. Wenn einige Leute einen Teil ihres Einkommens sparen und es an andere Leute für mehr Ausgaben (Investitionen oder Verbrauch) als ihr Einkommen verleihen, dann macht es insgesamt keinen Unterschied aus. Ob verliehen oder ausgegeben, ist damit nahezu alle Einkommen ausgegeben. Die Version des Say’schen Gesetzes, welches besagt, dass die Menschen insgesamt planen, ihr gesamtes Einkommen auszugeben, ist nahezu richtig, hält Rowe fest. Die marginale Konsumquote ist beinahe gleich eins. Wenn die marginale Konsumneigung eins ist (die Neigung der keynesianischen AE-Kurve), dann ist der alt-keynesianische Multiplikator unendlich. Ein verschwindend kleine exogene Erhöhung der gewünschten Ausgaben reicht aus, die Wirtschaft zu „Vollbeschäftigung“ zu bringen. Die Version des Say’schen Gesetzes, wonach die aggregierte Nachfrage durch das aggregierte Einkommen bestimmt wird, und gleich Gesamteinkommen ist, ist nur „sehr nahe„ richtig. Was fehlt, ist Geld, legt Rowe dar. Warum? Weil nichts davon, was oben beschrieben wird, in einer Tauschwirtschaft (barter economcy) Sinn macht. Die wichtige Unterscheidung zwischen dem aggregierten Angebot und der aggregierten Nachfrage macht nur in einer monetären Tauschwirtschaft (monetary exchange economy) Sinn, wo wir Waren gegen Geld verkaufen und Waren mit Geld kaufen. Geld ist das Tauschmittel. Wie Yeager bemerkt, gibt es immer zwei Möglichkeiten, mehr Geld zu bekommen: mehr Waren verkaufen und weniger Waren kaufen. Wenn man Mengeneinschränkungen à la Clowerian Model gegenübersteht, weil es an Überangebot an Waren gibt, kann man trotzdem weniger Waren kaufen, wenn man mehr Geld bekommen will, erklärt Rowe.

Es ist Geld und nur Geld, das das Say’sche Gesetz nicht bestätigt. Wenn wir insgesamt mehr Geld halten wollen, als wir derzeit halten, werden wir planen, weniger als unser Einkommen auszugeben. Wenn wir insgesamt weniger Geld halten wollen als wir derzeit halten, werden wir planen, mehr auszugeben als unser Einkommen. Eine Überschussnachfrage nach Anleihen würde das Say’sche Gesetz nicht widerlegen. Wenn es eine Überschussnachfrage nach Anleihen gibt, können wir nicht mehr Anleihen kaufen, weil die Menge an Anleihen angebotdeterminiert ist. Und wenn wir nicht mehr Anleihen kaufen können, müssen wir unser Einkommen ausgeben. Oder mehr Geld halten.

Wenn die gewünschte Menge an Geld mit dem tatsächlichen Bestand an Geld identisch wäre, auf jedem Einkommensniveau, dann hätte das alt-keynesianische Kreuz-Modell ein unbestimmtes Gleichgewicht. Jedes Einkommensniveau zwischen Null und Vollbeschäftigung würde ein Gleichgewicht bedeuten. Auf jeder Einkommenshöhe wäre Nachfrage gleich Einkommen und Einkommen gleich Nachfrage. Und eine verschwindend kleine Zunahme der Geldmenge oder Abnahme der Nachfrage nach Geld würde ausreichen, um die Nachfrage zu und das Einkommen zu erhöhen

Fazit: Nicht fragen, wo die Nachfrage im Falle einer Rezession kommt. Sie kommt von selbst, und von einem Überangebot an Geld.

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