Dienstag, 8. Februar 2011

Nahrungsmittelpreise und Hintergründe

Die Welt erlebt innert drei Jahren die zweite Lebensmittelkrise. An Spekulation scheiden sich die Geister. Zu Recht, v.a. wegen „Finanzialisierung“ (financialization) der Agrarrohrstoffmärkte. Ist es aber intellektuell redlich, pauschale Mutmassungen zu äussern? Schaut man sich die Daten an, die auf dem Tisch liegen, stellt man fest, dass die Spekulation die treibende Kraft hinter den Preisanstiegen für beispielsweise Baumwolle und Eisenerz ist. Wie sieht es aber mit den Preisauschlägen für Grundnahrungsmittel aus? Paul Krugman, der hierbei derzeit keine Spekulation erkennt, erklärt in seinem Blog anhand einer einfachen Darstellung, wie Spekulation sich materialisiert.  Im Übrigen betont Krugman, dass er nicht daran glaubt, dass die Märkte alles richtig machen. Er ruft in Erinnerung, dass er die kalifornische Energie-Krise in den Jahren 2000-2001 für Marktmanipulation gehalten hat. Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hat also nicht versucht, die Krise von damals wie viele andere Analysten mit der „grundlegenden Knappheit“ zu begründen. Es hat m.a.W. mit dem Glauben an die Märkte nichts zu tun, wenn es darum geht, Zeichen zu erkennen, ob der Preisanstieg durch Spekulation getrieben wird oder nicht.

Das exotische Modell des Marktes für eine physische Ware, Graph: Prof. Paul Krugman

Viele Menschen, die die Ansicht vertreten, dass die Spekulanten am Werk sind, verweisen auf die hohe Menge an Terminkontrakten mit verschiedenen Spielern. „Das Lebensmittel ist aber eine physische Ware und die Spiele auf den Finanzmärkten können den Preis insofern bewegen, als sie auf die physischen Strömungen und Bestandesgrössen auswirken“, erklärt Krugman.

Wie zeigt sich Spekulation auf der Abbildung? Die Antwort ist: durch die Akkumulation von Vorräten, d.h. durch physische Vorräte. Wenn hohe Future-Preise zum Aufbau von Vorräten führen, reduziert sich die Menge, die für die Verbraucher verfügbar ist. Und der Preis erhöht sich. Heute lässt sich in der Tat argumentieren, dass das für Baumwolle und Kupfer zutrifft, wo eine grosse und wachsende Lagerung (Horten) stattfindet. Für Lebensmittel passiert so etwas zur Zeit jedoch nicht. Die Vorräte sind niedrig und sie fallen.

Krugmans Erfahrung nach besteht die Reaktion in dieser Debatte aus einem heftigen Sturm aus Statistiken über die Grösse der Forward-Positionen. Es ist aber wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass jeder Kauf eines Future-Kontrakts auch ein Verkauf bedeutet. Das heisst, dass es auf der anderen Seite des Geschäftes jemanden anderen gibt. Weder der Kauf noch der Verkauf verändert die physische Menge an im Markt vorhandenen Waren, erklärt Krugman.

Fazit: Krugman verspricht, dass er, sobald ein Anzeichen von Spekulation beobachtet, sich melden werde.

PS: Wichtig ist, dass ein Ökonom sich an einem ökonomischen Modell orientiert, bevor er Analysen und Prognosen abgibt, und nicht einfach das Blaue vom Himmel erzählt.

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