Samstag, 5. Februar 2011

EZB und Albtraum Rohstoffpreis-Schocks

Während die Fed die Rohstoffpreis-Schocks ignoriert, weil sie sich schnell wieder selbst korrigieren, scheint die EZB alarmiert, die Zinsen zu erhöhen. Die Fed geht hingegen davon aus, dass die Inflation (headline inflation) aufgrund eines Rohstoffpreis-Schocks steigt, aber die Kerninflation (core inflation) davon unberührt bleibt. Daher sieht Fed-Chef Ben Bernanke keinen Anlass, die Zinsen anzuheben, wie er am Donnerstag angedeutet hat, zumal ein Rohstoffpreis-Schock zwar die Inflation antreibt, aber zugleich die Erholung der Wirtschaft verlangsamt. Wenn die Arbeitslosigkeit auf einem hohen Niveau verharrt und die Produktionslücke (output gap) geöffnet bleibt (derzeit in den USA Minus 4%), verlaufen die Kerninflation (core inflation) und Lohninflation (wage inflation) gedämpft, wie Gavyn Davies in FT verständlich erklärt.


Euro-Zone, Inflation und Kerninflation, GraphProf. Paul Krugman

Freie Kapazitäten (i.d.R. gemessen an Produktionslücke) bestimmen die Kerninflation. Ein Anstieg der Rohstoffpreise kann von Zeit zu Zeit zu Schwankungen um die Inflationsrate führen. Aber sie lassen sich schnell wieder eliminieren, solange die Zentralbank auf den langfristigen Pfad der Kernrate fokussiert bleibt. Die wichtigsten Warnsignale sind ein Anstieg der Inflationserwartungen und der Lohnabschlüsse, legt Davies dar. Keines dieser Signale blinkt aber derzeit rot. Deswegen bleibt die Fed „super dovish“. Die Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage muss in der mittleren Frist mit dem gesamtwirtschaftlichen Angebot übereinstimmen, damit eine inflationäre oder deflationäre Entwicklung vermieden werden kann, wie die SNB in ihrem Quartalsheft bekräftigt. Das gesamtwirtschaftliche Angebot ist in der kurzen Frist relativ starr. Veränderungen der aggregierten Nachfrage schlagen sich deshalb in der Veränderung der Auslastung der technischen und personellen Kapazitäten nieder. Fällt die Auslastung während längerer Zeit unter ihr normales Niveau, so signalisiert dies einen Angebotsüberhang und damit einen fallenden Inflationsdruck. Die Kapazitäten in der Industrie sind gegenwärtig immer noch start unterausgelastet.


US Kerninflation und Produktionslücke, Graph: Gavyn Davies in FT

Die EZB schert sich aber nicht darum. Die Europäische Zentralbank hat im Juli 2008 kurz vor der Pleite von Lehman Brothers die Zinsen erhöht, weil sie aufgrund des vorübergehenden Anstiegs der Rohstoffpreise Inflation befürchtet hat, was sich später für die konjunkturelle Entwicklung in der Euro-Zone fatal erwiesen hat. Sie hat aber die Zinsen nicht gelockert, als die Inflation unter die Marke von Null gesunken ist. Die EZB bleibt auch heute ihrem radikal dogmatischen Ansatz treue und schickt sich an, den Fehler von 2008 durch eine Zinserhöhung in der Euro-Zone demnächst zu wiederholen. Zugleich verlangt die EFSF, die sich das Kapital zu 2,75% beschafft, für die an die EU-Peripherie verliehene Kredite Wucherzinsen von 6 Prozent. Wie sollen die finanzschwachen EU-Mitglieder die erdrückende Schuldenlast unter diesen Umständen schultern?

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