Heiner Flassbeck befasst sich in einem lesenswerten neuen Beitrag mit der „heillosen Debatte um Staatsbankrott, Euro und Inflation“. Der Chefökonom der UNCTAD in Genf vertritt die Ansicht, dass das Problem durch einen Staatsbankrott oder eine Umstrukturierung staatlicher Schulden nicht einmal im Ansatz gelöst werden kann. Anhand von diversen anschaulichen Abbildungen zeigt Prof. Flassbeck in Zusammenarbeit mit Friederike Spiecker auf, wo die tiefer liegenden Ursachen der Krise in der Eurozone sind: Die Eurozone leidet an einer gewaltigen Lücke in der Wettbewerbsfähigkeit zwischen den Mitgliedern im Norden und im Süden. Die Lücke in Wettbewerbsfähigkeit kommt im Norden in einem Leistungsbilanzüberschuss (Deutschland) zum Ausdruck, und im Süden in einem entsprechenden Defizit (Mittelmeerländer). „Diese Lücke ist nicht durch unterschiedliches Haushalten der Staaten entstanden, sondern fast ausschliesslich durch Unterschiede in der Lohnentwicklung im Verhältnis zur nationalen Produktivität“, hält Flassbeck fest.
Deutschland: Lohnstückkosten, Graph: Prof. Heiner Flassbeck
Die Länder, die einen Überschuss in der Leistungsbilanz aufweisen, leben unter ihren Verhältnissen. Diese Länder haben per Saldo Forderungen gegenüber dem Ausland. Die Länder, die ein Defizit in der Leistungsbilanz aufweisen, leben über ihren Verhältnissen. Beispielsweise hatten Irland und Spanien am Vorabend der Finanzkrise jeweils einen Haushaltsüberschuss. „Spanien hat im öffentlichen Sektor viel sparsamer gewirtschaftet als Deutschland, aber im privaten umso sehr über die Stränge geschlagen“, bemerkt der Autor des aktuellen Buches „Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts“.
Ferner betont Flassbeck, dass Griechenland und anderen geholfen werden müsse, weil ihre Zinsen viel zu hoch sind. Diese Länder haben keine Möglichkeit, ihre Wettbewerbsfähigkeit über eine Abwertung zu verbessern. Dazu brauchen sie laut Flassbeck Euro-Bonds und v.a. eine langfristig florierende Binnennachfrage in den Ländern, die Überschüsse in der Leistungsbilanz aufweisen.
Deutschland: Exporte auf Kosten der Binnennachfrage, Graph: Prof. Heiner Flassbeck
h/t to NachDenkSeiten
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