Manchmal sieht es so aus, als ob jede regionale Federal Reserve Bank ihre eigene Messung von Inflation bieten würde. Die Dallas Fed liefert beispielsweise die Trimmed-Mean Inflation und die Cleveland Fed produziert die Median-CPI Daten. Es gibt dazu noch zahlreiche unraffinierte Messungen von Preissteigungen wie CPI , PCE, Kerninflation usw. Doch alle Vertreter der Fed legen grossen Wert darauf, annähernd den „wahren“ Zustand des Inflationsdrucks zu vermitteln. Paul Krugman unterstreicht nun in seinem Blog eine sehr interessante Arbeit der Atlanta Fed: „sticky price“ CPI . Sticky Price Inflation präsentiert ein alternatives Bild für Inflationstrends. Als Krugman zum ersten Mal versucht hat, die Logik der Fokussierung auf die Kerninflation zu erklären, hatte er betont, dass zwischen Waren, deren Preise die ganze Zeit schwanken und denen, deren Preis nur gelegentlich überarbeitet werden, unterschieden werden muss.
Stick Price Inflation (12 Monate), Graph: Prof. Paul Krugman
Es ist die letztere Kategorie, die den Gegenstand für die Trägkeit der Inflation (inflation inertia*) ausmacht und wir daher uns damit befassen müssen, ob Inflation oder Deflation sich in die Wirtschaft einbettet und deswegen schwer rückgängig zu machen ist.
Die üblichen Messungen der Kerninflation (core inflation) versuchen, gestützt auf die oben beschriebene Unterscheidung, die Waren (Nahrungsmittel und Energie), die stark schwanken, auszuschliessen. Wir wissen, dass Nahrungsmittel- und Energiepreise kurzfristigen Schwankungen unterliegen. Theoretisch sollten wir aber Waren durch ihre typische Verhaltensweise, unabhängig davon, welchem Sektor sie gehören, einteilen, hebt Krugman hervor. Die Forscher bei der Altanta und Cleveland Fed haben genau das getan und Messungen zu „sticky price inflation“ geliefert. Aufgrund dieser Daten stellt Krugman die folgenden anschaulichen Abbildungen zusammen. Man kann leicht erkennen, wie sprunghaft die flexiblen Preise („flexible prices“) sind und warum es besser ist, sich auf die „sticky prices“ zu konzentrieren.
Stick Price Inflation (12 Monate), ohne Hauspreise, Graph: Prof. Paul Krugman
Die Atlanta Fed geht ausserdem auch auf die Frage ein, ob die jüngste Disinflation von den Hauspreise herrührt. Die Antwort ist klar: Nein. Wie sieht es mit Löhnen aus? Haben die Löhne einen Inflationsdruck ausgelöst? Wie der ECI-Index (Employment Cost Index: Arbeitskostenindex, um ev. Lohn-Preis-Spirale zu messen) zeigt, ist die Antwort auch hier dieselbe: Nein.
Arbeitskostenindex (ECI), Graph: Prof. Paul Krugman
Fazit: Die Kerninflation ist niedrig und sie fällt.
PS *: Die Idee von Inflation Inertia geht auf Ned Phelps zurück. Phelps hat vor 40 Jahren erklärt, wie eine gestaffelte Lohnfindung zu einer Situation führen kann, wo die tatsächliche Lohnentwicklung sowohl von der Arbeitslosigkeit als auch von der erwarteten Lohnentwicklung in Zukunft abhängt.
Der Punkt ist hier, dass es wichtig is, zu unterscheiden, zwischen den (a) Preisen für Weizen, Öl, Kautschuk usw, die im Verlauf eines Jahres um zweistellige Beträge fallen oder steigen können und dann sich schnell umkehren, um wieder zu steigen oder zu fallen und (b) Preisen für viele Dienstleistungen und Waren und die meisten Löhnen, die für längere Zeiträume von Monaten oder Jahren festgelegt werden. Die Letzteren sind langsam, um Inflation auszulösen, aber sie sind auch langsam, was das Nachgeben betrifft. Deswegen muss die Politik darauf fokussieren, ob diese Preise zu schnell oder zu langsam zu steigen beginnen.
Die Frage ist jedoch, ob die Veränderungen der flexiblen Preise von Waren sich in die Kerninflation einbetten? Phelps denkt nicht, dass die Löhne in Bezug auf andere Löhne festgelegt werden, was bedeutet, dass Schwankungen in Öl- oder Weizen-Preisen weitgehend irrelevant für die Story sind. Phelps hat damit Recht. Denn es gibt heute in den USA keinen Mechanismus, wonach der Anstieg der Rohstoffpreise sich in höhere Lohn-Verträge übersetzen, wie Krugman bekräftigt.
Was sagen aber die historischen Daten dazu? Die beiden grossen Rohstoffpreisschocks der 1970er Jahre haben sich schnell in die Kerninflation eingebettet. Seither aber nicht mehr. Wo kommt aber der Unterschied her? Der offensichtliche Punkt ist, dass in den 1970er Jahren viele Arbeitsverträge Lebenshaltungskosten-Anpassungen (COLA: cost of living adjustment) enthielten. „Dies wiederum reflektiert stärkere Verhandlungsposition der Arbeitnehmer und echte Zweifel, ob die Geldpolitik die Inflation kontrollieren soll oder nicht“, beschreibt Krugman.
Heute ist aber nichts davon vorhanden. Die COLAs kommen selten vor, und Schwankungen der Rohstoffpreise betten sich nicht in die Löhne ein.
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