Mittwoch, 13. März 2013

Deutschland und der Preis der Stabilität


David Andolfatto liefert in seinem Blog eine interessante Abbildung, die den Verlauf des realen Pro-Kopf-BIP in 5 Industrieländern seit 1991 zeigt.

Die Daten werden als Prozentsatz Abweichungen von dem US-Niveau im Jahr 1991 ausgedrückt, wobei die anfängliche Position anhand von in PPP (Kaufkraftparität) umgeschlagenen Pro-Kopf-BIP (gestützt auf Penn World Tables) berechnet wird.

Auf Deutsch: Grossbritannien hatte z.B. im Jahr 1991 ein geschätztes Pro-Kopf-Einkommen, welches 30% weniger betrug als das der USA. Und Deutschland hatte ein geschätztes Pro-Kopf-Einkommen von 10% weniger als die USA und so weiter.

Alle in der Abbildung dargestellten Länder haben im Sog der Rezession einen ähnlichen Rückgang von Output erfahren. Aber nur Deutschland scheint eine Rezession von vorübergehender Natur erlebt zu haben. Weil gemäss Abbildung nur in Deutschland das reale Pro-Kopf-Einkommen wieder auf das Vor-Krisen-Niveau zurückgekehrt ist. Die anderen vier Länder stecken nach wie vor in einer Produktionslücke (output gap), während das Pro-Kopf-Einkommen unter dem Niveau vor dem Beginn der Rezession verläuft.

Deutschland hat zwar allem Anschein nach den wirtschaftlichen Sturm besser überstanden, aber mit erheblichen Kosten.

Von 1991 bis 2007 ist das reale Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland jährlich mit 1,3% nur dürftig gewachsen: Im Vergleich: USA: +2,1%, Kanada: +2,2%, Frankreich: +1,6% und Grossbritannien: +2.9%.


BIP (real) pro Kopf, Graph: Fernando Martin via David Andolfatto

Das sind erhebliche Unterschiede im Hinblick auf die langfristigen Wachstumsraten. Während Deutschlands Pro-Kopf-Einkommen im Jahr 1991 10% tiefer lag als das Pro-Kopf-Einkommen der USA, liegt es heute 18% niedriger. Da kann man mit Fug und Recht von „in Rückstand geraten“ reden, hebt der Leiter der Research Division der Federal Reserve Bank von St. Louis hervor.

Eine interessante Frage, die sich stellt, ist, welche Rolle die Geldpolitik dabei gespielt hat. Frankreich und Deutschland haben in der Europäischen Währungsunion dieselbe Geldpolitik durchgeführt, aber mit sehr unterschiedlicher Dynamik der wirtschaftlichen Erholung. Da die Inflation sehr niedrig verlief, deckt sich andererseits das reale BIP praktisch mit dem nominalen BIP.

PS: Die Verwendung einer „one-size-fits-all“-Geldpolitik in einer Währungsunion, die die Kriterien eines optimalen Währungsraums (OCA: optimum currency area) nicht erfüllt, schafft solche Probleme.

Besonders problematisch ist die konservative Kultur der Inflationsbekämpfung der Bundesbank, welche von der EZB eins-zu-eins übernommen wurde und im Euro-Raum angewendet wird, koste es, was es wolle. Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass die EZB mitten in einer schwer angeschlagenen Wirtschaft 2011 die Zinsen zwei mal (April und Juli) erhöht hat, anstatt zu senken. Und die EZB hat sich bisher geweigert, als lender of last resort zu agieren.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

könnte man mal Beispielhaft DE und US rausziehen und zusätzlich für die beiden mal eine vergleichbare Arbeitslosenquote mit über den Graph legen ? Das könnte einiges relativieren...