Montag, 11. März 2013

Sinnlos in Austerität


Peter Dorman schreibt in seinem Blog, dass es wahrscheinlich nicht möglich ist, eine vernünftige Diskussion mit Hans-Werner Sinn über die Situation in der Euro-Zone zu führen. Dorman nimmt dabei auf den aktuellen und „wirklich unbedarften“ Artikel („European imbalances“) von Prof. Sinn in Zusammenarbeit mit Akos Valentinyi in voxeu Stellung.

Der Präsident der ifo Instituts für Wirtschaftsforschung vertritt im zitierten Artikel die Ansicht, dass die Peripherie-Länder abwerten sollen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit wieder zu gewinnen und die Ungleichgewichte im Euro-Raum zu beseitigen.

Sinn und Valentinyi kündigen an, dass es eine grosse Menge an Literatur über die globalen Ungleichgewichte gibt. Aber bis heute sei der Frage der Ungleichgewichte innerhalb der EU oder der Euro-Zone kaum Aufmerksam geschenkt worden. Wie bitte? Man darf daran erinnern, dass Paul Krugman, George Soros, Martin Wolf oder mehrere andere weniger bekannte Ökonomen sich zumindest seit dem Auseinanderdriften der Risikoaufschläge am europäischen Anleihemarkt damit beschäftigen.

Sinn und Valentinyi tun so, als ob sie etwas Neues und Wesentliches entdeckt hätten. Es gebe hohe Ungleichgewichte in den Handelsbilanzen der EU-Länder. Wer hätte das gedacht! Die Lösung, die die Autoren liefern: Die Defizit-Länder sollen abwerten: entweder extern (d.h. dass sie den Euro verlassen) oder intern (d.h. durch Deflation). Beide Wege sind aber schwierig bis unmöglich. Schade!

Hätten Sinn und Valentinyi z.B. Krugman, Soros oder Wolf gelesen, hätten sie in Erfahrung gebracht, dass das Defizit eines Landes in der Euro-Zone der Überschuss des anderen Landes ist. Aber die Autoren scheinen sich um die makroökonomischen Gleichungen nicht zu kümmern.

Dorman verweist auf Lohn-Dumping (wage repression) in Deutschland als einen wichtigen Teil der Geschichte seit der Einführung der Gemeinschaftswährung. Die Real-Löhne verlaufen in Deutschland seit 10 Jahren wegen der Hartz-Reform im Besonderen und der Lohnzurückhaltung im Allgemeinen völlig flach. 

Das ist eine grossartige Situation, wie Dorman beschreibt, um Überschüsse im Aussenhandel zu erzielen. Aber Deutschlands Überschuss ist das Defizit der Peripherie. Die Deutschen konnten damit wegen der Zuflüsse wie verrückt sparen. Zugleich ist es aber der Abfluss, der die Peripherie-Länder zwingt, Kredit im Kern der Euro-Zone aufzunehmen, d.h. sich zu verschulden.

Es gibt aber eine dritte Möglichkeit, die sich jeder ausdenken kann, der sich in Sachen Wirtschaft etwas auskennt, was von Sinn und Valentinyi jedoch nicht erwähnt wird: Deutschland könnte die Konjunktur ankurbeln (reflate), durch eine expansive Fiskalpolitik, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage wiederzubeleben, z.B. durch mehr Importe aus den Defizit-Ländern. Deutschland könnte Löhne erhöhen und zulassen, dass seine Preisvorteile gegenüber der Peripherie abgebaut werden, legt Dorman nahe und betont, dass es gar nicht darum geht, Deutschlands Performance zu reduzieren.

Man hört aus Deutschland das Argument, dass es, wenn die anderen das Rennen verlieren, keinen Grund gibt, dass man auch bremsen muss. Deutschland soll weiterhin seine Institutionen für Investitionen, Innovation und die Ausbildung der Fertigkeiten der Arbeitnehmer verbessern. Es gibt keinen Grund, die Produktivität zurückzufahren. Aber der Punkt ist, dass all die Verbesserungen sich daran orientieren sollen, den Lebensstandard zu erhöhen, nicht einen nicht-nachhaltigen Überschuss aufzubauen, wo die Kunden (Peripherie) am Schluss mit Geld-borgen ihren Weg ins Elend ebnen.

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