Mittwoch, 6. März 2013

Paul Krugman und wie Brüssel sich via Twitter empört


Paul Krugman’s scharfe (cockroach ideas in economics), aber im Kern sachlich begründbare Kritik am kruden Austeritätskurs der EU-Kommission hat einige empörte Tweets aus Brüssel ausgelöst. Die Gegenreaktion lautet: Krugman sei zu gemein gegen Ollli Rehn, den EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung gewesen.

Es ist nicht Krugmans Schuld, dass die Europäische Kommission einen makroökonomischen Policy-Mix emsig verteidigt, die enorme Schäden an der EU-Peripherie anrichtet, schreibt Kevin O’Rourke in seinem Blog. Nur die EU selbst trägt die Schuld daran. Und die jüngsten empörten Tweets aus Brüssel sind daher schwer zu ertragen, bemerkt der an der Trinity College Dublin lehrende Wirtschaftsprofessor dazu.

Krugman ergänzt in seinem Blog, dass die Tweets aus Brüssel etwas nicht begreifen: Er habe nie behauptet, dass Rehns Mutter ein Hamster sei und dass sein Vater nach Holunderbeeren rieche. Worauf er hingedeutet habe, sei, dass Rehn seit Jahren gute Ergebnisse von der Austeritätspolitik verspreche, ohne seine Rhetorik zu ändern.

Inzwischen steigt die Arbeitslosigkeit weiter an und  Studien legen grössere schwere Nebenwirkungen nahe, als Rehn und seine Kollegen bereit sind, zuzulassen, zumal sie sich über solche Studien beschweren, weil dadurch angeblich das Vertrauen untergraben werde.


Euro-Raum Arbeitslosigkeit, Graph: eurostat

Was der Brussels Blog als einen „besonders fiesen Angriff“ durch Krugman bezeichnet, war nicht anders als eine Zusammenfassung der jüngsten Analyse von Paul De Grauwe über die Austeritätspolitik der EU, die völlig schief ging, wo Krugman Olli Rehn wegen seiner Treue zu Austerität zitiert.

Krugman gesteht, dass er eine malerische Sprache verwende, aber nicht ohne Grund. „Worte sollten ein wenig wild sein“, sagt John Maynard Keynes, „weil sie einen Angriff der Gedanken gegen das Unbedachte darstellen“.

O’Rourke spricht sogar von „behüteten (eingesponnen) Eliten“ in Brüssel, womit er den Nagel auf den Kopf trifft. Die Würde des Amtes kann eine schreckliche Sache für geistige Klarheit sein, argumentiert Krugman weiter. Man kann Jahre hinter einem Rednerpult verbringen und abgefülltes Wasser trinken und immer die gleichen Bemerkungen liefern, und zwar schuldmeisterlich, ohne dass jemand darauf aufmerksam macht, wie falsch man damit in jeder Phase der Angelegenheit liegt.

Fazit: Die europäische Wirtschaft steckt in einem katastrophalen Zustand und damit auch das europäische politische Projekt. Die Eurokraten scheinen sich um die Realität nicht zu kümmern. Sie verteidigen lieber ihre Stelle gegen scharfzüngige Ökonomen mit Charisma.

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