Samstag, 30. März 2013

Schweizer Wirtschaft und flache Zinsstrukturkurve


Die Schweizer Zinsstrukturkurve wurde in den vergangenen Wochen flacher. Das bedeutet, dass die Marktteilnehmer keine Veränderung im Hinblick auf das vorherrschende Zinsniveau erwarten oder eher mit leicht fallenden Zinsen rechnen. Es kommt also nicht so sehr darauf an, ob man das Geld kurzfristig oder langfristig anlegt.

Der Rückgang der Inflationsraten führt dazu, dass die Zinsstrukturkurve flach bleibt. Die SNB hat die Inflationsprognosen zuletzt etwas nach unten korrigiert. Die erwartete durchschnittliche Jahresteuerung liegt nun um 0,1% (2013) bzw. 0,2% (2014) tiefer. Als Grund gelten die weiterhin rückläufige Importteuerung und der restriktive fiskalpolitische Kurs der EU.

Seit Jahresbeginn ergab sich 2013 bei allen Versteigerungen (insgesamt 13) von kurzfristigen Staatspapieren in CHF jeweils eine negative Rendite. Der Markt für CHF-Anleihen hat das Jahr 2013 mit einem Nennwertvolumen von rund 551 Mrd. CHF abgeschlossen. Das ist laut Credit Suisse („Swiss Fixed Income Market Guide“) ein neues Allzeithoch (*).

Die Rendite der langfristigen Staatspapiere orientiert sich i.d.R. am BIP-Wachstum (genauer gesagt am Produktionspotenzial). Die Auslastung der technischen Kapazitäten in der verarbeitenden Industrie ist im vierten Quartal 2012 weiter auf 80,1% gesunken, wie die SNB im Quartalsheft März 2013 berichtet. Sie liegt damit weiterhin deutlich unter ihrem langfristigen Durchschnitt. Mit dem schwachen BIP-Wachstum hat sich die negative Produktionslücke im vierten Quartal weiter geöffnet. Die Produktionslücke (output gap) lag im vierten Quartal 2012 bei -1,6%, nach -1,4% im dritten Quartal 2012.


Schweiz Zinsstrukturkurve, Graph: SIX Swiss Exchange

Das heisst, dass die Produktionskapazitäten in der Schweiz auch 2013 unterausgelastet bleiben.

Die langfristigen Zinsen entsprechen dem Durchschnitt der erwarteten kurzfristigen Zinsen in Zukunft. Die kurzfristigen Zinsen reflektieren den gegenwärtigen Zustand der Wirtschaft. Erholt sich die Wirtschaft, steigen die kurzfristigen Zinsen an. Verschlechtert sich die Konjunktur, senkt die Notenbank die Zinsen. Da die nominalen Zinsen seit geraumer Zeit auf der Null-Grenze (zero lower bound) liegen, und nicht unter Null fallen können, bleiben die Renditen am langen Ende der Ertragskurve (etwas) höher als die Renditen am kurzen Ende der Ertragskurve. Das impliziert, dass die Laufzeitprämie (term spread) positiv (und nicht besonders hoch) ist.


Schweiz Kapazitätsauslastung Industrie, Graph: SNB, Quartalsheft 1/2013

Damit ist die Zinsstrukturkurve zwar positiv, was i.d.R. auf eine sich erholende Wirtschaft hindeutet. Das ist aber heute nicht der Fall, weil die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt.


Schweiz Produktionslücke (output gap), Graph: SNB, Quartalsheft 1/2013

Die Analyse der Zinsstrukturkurve erfordert besondere Sorgfalt, wenn die nominalen Zinsen auf der Null-Grenze liegen, d.h. wenn die konventionelle Geldpolitik an Zugkraft verliert und der lockere Kurs via QE-Politik (quantitative easing, d.h. mengenmässige Lockerung der Geldpolitik) fortgesetzt werden muss.

Da der CHF-Anleihemarkt nicht so gross ist wie z.B. der EUR-Anleihemarkt, kauft die SNB am Markt Devisen statt festverzinsliche Papiere in CHF.

(*) Die Schweizer Regierung ist mit einem Anteil von 15% am ausstehenden Gesamtnennwert-Volumen die grösste Emittentin im CHF-Gesamtmarkt. Der Schweizer-Anleihemarkt hat im vergangenen Jahr internationalen Emittenten attraktive Bedingungen in einem stabilen Umfeld geboten: niedriges Zinsumfeld und die hohe Nachfrage nach Unternehmensanleihen.

PS: Bemerkenswert ist, dass die Dividenden-Rendite des Schweizer Aktienmarktes laut UBS zur Zeit bei rund 3% liegt, während die Durchschnittsrendite am Markt für in CHF notierten Anleihen (festverzinsliche Papiere) sich auf ca. 1% beläuft.

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