Freitag, 29. März 2013

Kapitalverkehrskontrollen: Island und Zypern


Die Banken haben in Zypern erstmals seit dem 16. März wieder geöffnet. Es gelten neue Vorschriften, die den Zugang zu Geld beschränken.

Jeder Einwohner darf am Tag höchstens 300 Euro abheben. Überweisungen ins Ausland und Zahlungen mit Kreditkarten im Ausland sind pro Person und pro Bank auf 5‘000 Euro beschränkt. Die zypriotischen Bürger dürften pro Auslandsreise maximum 1‘000 Euro Bargeld mitnehmen. Für Beträge bis zu 200‘000 Euro muss eine Genehmigung bei der Zentralbank eingeholt werden.

Die Börse bleibt geschlossen. Die Verbitterung ist verständlich. Die Einschränkungen gelten laut Notenbank zunächst für vier Tage, also vorübergehend. Ein anderes Land war aber auch gezwungen, infolge einer schweren Krise „temporäre“ Kapitalverkehrskontrollen zu implementieren: Island.

Die isländische Regierung, die Zentralbank und der IWF hielten es für notwendig, Kontrollen einzuführen, weil viele Ausländer und wohlhabende Isländer das Vertrauen in die Wirtschaft des Landes verloren hatten und nur noch ihr Geld ausser Landes schaffen wollten. Die Kapitalflucht hätte katastrophale Folgen für die Wirtschaft, sodass die isländische Regierung Kapitalverkehrskontrollen beschlossen hat.

Die Behörden sagten damals, dass die Kontrollen nur temporärer Natur wären und in der Reichweite begrenzt würden, nur ein paar Wochen oder im schlimmsten Fall ein oder zwei Monate. Ein halbes Jahrzehnt später gilt die Verhängung von temporären Kontrollen des Kapitalverkehrs in Island immer noch, schreibt Jon Danielsson in einem Artikel („The capital controls in Cyprus and the Icelandic experience“) in voxeu.

Es war das zweite Mal, dass Island „temporäre“ Kapitalkontrollen umgesetzt hat. Das erste Mal war in den 1930er Jahren, was bis 1993 anhielt. Sobald Kapitalverkehrskontrollen auferlegt werden, sind sie schwer, abzuschaffen, und eine vorübergehende Anordnung endet i.d.R. als permanent, hebt der Autor hervor.

Der Grund ist, dass die Behörden, wenn ein Land Kapitalkontrollen implementiert, damit signalisieren, dass sie die Kontrolle über die Wirtschaft verloren haben und daher verzweifelte Massnahmen treffen müssen. Das dient nicht gerade dazu, das Vertrauen aufzubauen, sodass jeder mit Geld versucht, das sinkende Schiff so schnell wie möglich zu verlassen, unterstreicht der Direktor des Systemic Risk Centre, London School of Economics.

Die isländischen Kapitalkontrollen haben sich als äusserst schädlich für die Wirtschaft erwiesen. Die Investitionen sind zusammengebrochen. Sie belaufen sich auf 14,4% des BIP (2013), was den niedrigsten Wert in der EU ausmacht, wo der Durchschnittswert 18% beträgt. Der Grund ist, dass die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) fast völlig zum Erliegen gekommen sind. Und die Einheimischen mit Geld ziehen es vor, flüssig zu bleiben, auf die Gelegenheit wartend, das Geld sofort ins Ausland zu bringen.

Während die Kapitalkontrollen den Abfluss von Geld verhindern sollen, finden diejenigen, die das Geld ausser Landes schaffen wollen einen Weg, gesetzlich oder anderweitig. Das Endergebnis ist ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen der Regierung und Kapitalbesitzer, beschreibt Danielsson. Es kommt zu Korruption und die administrativen Vorschriften werden verschärft.

Die Steuerung des Kapitals verstösst gegen die EU-Gesetze in Bezug auf das Prinzip der vier Freiheiten: freier Verkehr von Waren, Kapital, Dienstleistungen und Personen. Die Massnahmen, die Zypern getroffen hat, verletzen mindestens zwei von diesen Grundsätzen, erklärt Danielsson.

Die Kapitalverkehrskontrollen lasten auf dem Wirtschaftswachstum in Island und das Land wird jeden Tag relativ ärmer. Je länger die administrativen Beschränkungen des internationalen Kapitalverkehrs gültig bleiben, desto schwieriger wird es, sie wieder abzuschaffen, hält der Ökonom als Fazit fest.

Im isländischen Fall war es einfacher, Kapitalverkehrskontrollen umzusetzen, weil es um den Umtausch einer Währung in die andere Währung gegangen ist. Im zypriotischen Fall handelt es sich um zudringliche Eingriffe in alle Aspekte des wirtschaftlichen Lebens.

Keine Kommentare: