Sonntag, 31. März 2013

Mario Draghis Ideologie von der Wirtschaft


EZB-Präsident Mario Draghi hat auf dem Euro Summit am 14. März in Brüssel in einer Präsentation („Euro area economic situation and the foundations for growth“) versucht, die wahren Gründe für die Euro-Krise zu zeigen und die dafür erforderlichen Gegenmassnahmen vorzustellen.

Wie Andrew Watt in einem lesenswerten Artikel in Social Europe Journal bemerkt, standen zwei Abbildungen im Vordergrund.

Das Produktivitätswachstum in den Überschussländern (Österreich, Belgien, Deutschland, Luxemburg, Niederlande) ist höher als in den Defizitländern (Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Portugal, Spanien). Aber das Lohnwachstum war in der letzteren Gruppe viel schneller. Strukturreformen und Lohnzurückhaltung führen zum Erfolg. Strukturelle Verkrustungen und gierige Gewerkschaften führen zum Scheitern, legt Watt dar.

Draghis Präsentation enthält aber einen einfachen, aber schwerwiegenden Fehler, fügt Watt im gleichen Atem hinzu. Die Produktivität wird in der Abbildung in realen Werten ausgedrückt, die Löhne hingegen in nominellen Werten. Mit anderen Worten sind die Werte im Hinblick auf die Produktivität preisbereinigt, d.h. Inflation umfassend. Die Werte im Hinblick auf die Löhne sind es jedoch nicht.

Das ist natürlich absurd. Warum? Weil das reale Produktivitätswachstum die Massstäbe für den Anstieg der Reallöhne setzt. In einem Land, wo die Reallöhne im Einklang mit der Produktivität wachsen, bleiben die Anteile der Löhne und der Gewinne am Volkseinkommen konstant, erklärt Watt:


Entwicklung der Löhne und der Produktivität im Euro-Raum, Graph: Mario Draghi, EZB in: „Euro area economic situation and the foundations for growth“, March 2013

Wenn die nominalen Löhne dem realen Produktivitätswachstum folgen, was Draghi offensichtlich nahelegt, dann wird der Anteil der Löhne am Volkseinkommen dauerhaft sinken. Darüber hinaus werden die Reallöhne permanent fallen, wenn die Inflation höher ist als das nominale Lohnwachstum.

Der springende Punkt ist laut Watt, dass Deutschland sich vom Paradebeispiel in Sachen Lohn und Produktivität in das verwandeln würde, wenn man die korrekten Daten zugrunde legen würde, was es ja wirklich ist: ein Land, welches systematisch die Stabilitätsnorm für ausgeglichenes Wachstum in einer Währungsunion unterlaufen hat und dadurch im Wesentlichen zur Euro-Krise beigetragen hat.




Entwicklung der Löhne und der Produktivität im Euro-Raum in den einzelnen Ländern, Graph: Mario Draghi, EZB in: „Euro area economic situation and the foundations for growth“, March 2013

Fazit: Bemerkenswert ist ausserdem, dass die Anhänger des Goldstandards zwischen nominalen und realen Zinsen i.d.R. nicht unterscheiden, weil im Goldstandard eine anhaltende Inflation unwahrscheinlich ist. Siehe dafür das Wicksell-Theorem. Demnach kommt es zu einem Anstieg der Inflation, wenn der natürliche Zins höher ist der Marktzins. Die Preisstabilität ist daher nur dann erreicht, wenn der natürliche Zins mit dem Marktzins übereinstimmt.

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