EZB-Präsident
Mario Draghi hat auf dem Euro Summit am
14. März in Brüssel in einer Präsentation („Euro
area economic situation and the foundations for growth“) versucht, die
wahren Gründe für die Euro-Krise zu zeigen und die dafür erforderlichen Gegenmassnahmen
vorzustellen.
Wie
Andrew Watt in einem lesenswerten
Artikel in Social Europe Journal bemerkt,
standen zwei Abbildungen im Vordergrund.
Das
Produktivitätswachstum in den
Überschussländern (Österreich, Belgien, Deutschland, Luxemburg, Niederlande)
ist höher als in den Defizitländern (Frankreich, Griechenland, Irland, Italien,
Portugal, Spanien). Aber das Lohnwachstum
war in der letzteren Gruppe viel schneller. Strukturreformen und Lohnzurückhaltung
führen zum Erfolg. Strukturelle Verkrustungen und gierige Gewerkschaften führen
zum Scheitern, legt Watt dar.
Draghis
Präsentation enthält aber einen einfachen, aber schwerwiegenden Fehler, fügt
Watt im gleichen Atem hinzu. Die Produktivität
wird in der Abbildung in realen Werten ausgedrückt, die Löhne hingegen in nominellen Werten.
Mit anderen Worten sind die Werte im Hinblick auf die Produktivität
preisbereinigt, d.h. Inflation umfassend. Die Werte im Hinblick auf die Löhne
sind es jedoch nicht.
Das
ist natürlich absurd. Warum? Weil das reale Produktivitätswachstum die
Massstäbe für den Anstieg der Reallöhne setzt. In einem Land, wo die Reallöhne
im Einklang mit der Produktivität wachsen, bleiben die Anteile der Löhne und
der Gewinne am Volkseinkommen konstant, erklärt Watt:
Entwicklung
der Löhne und der Produktivität im Euro-Raum, Graph: Mario Draghi, EZB in: „Euro
area economic situation and the foundations for growth“, March 2013
Wenn
die nominalen Löhne dem realen Produktivitätswachstum folgen, was Draghi
offensichtlich nahelegt, dann wird der Anteil der Löhne am Volkseinkommen
dauerhaft sinken. Darüber hinaus werden die Reallöhne permanent fallen, wenn
die Inflation höher ist als das nominale Lohnwachstum.
Der
springende Punkt ist laut Watt, dass Deutschland
sich vom Paradebeispiel in Sachen Lohn und Produktivität in das verwandeln würde,
wenn man die korrekten Daten zugrunde legen würde, was es ja wirklich ist: ein
Land, welches systematisch die Stabilitätsnorm für ausgeglichenes Wachstum in
einer Währungsunion unterlaufen hat und dadurch im Wesentlichen zur Euro-Krise
beigetragen hat.
Entwicklung
der Löhne und der Produktivität im Euro-Raum in den einzelnen Ländern, Graph: Mario Draghi, EZB in: „Euro area economic situation and the
foundations for growth“, March 2013
Fazit: Bemerkenswert ist
ausserdem, dass die Anhänger des Goldstandards zwischen nominalen und realen Zinsen
i.d.R. nicht unterscheiden, weil im Goldstandard
eine anhaltende Inflation unwahrscheinlich ist. Siehe dafür das Wicksell-Theorem. Demnach kommt es zu einem Anstieg der Inflation, wenn der
natürliche Zins höher ist der Marktzins. Die Preisstabilität ist daher nur dann
erreicht, wenn der natürliche Zins mit dem Marktzins übereinstimmt.
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