Samstag, 23. März 2013

Die Grenzen der unkonventionellen Geldpolitik


Die Finanzkrise befindet sich im sechsten Jahr. Es ist schwer auszumachen, ob die jüngste Erholung an den Finanzmärkten nachhaltig ist oder nicht. Aber es steht sicher fest, dass die unkonventionelle Geldpolitik, auf die die US-Notenbank (Fed) nach dem Erreichen der Null-Zins-Grenze (zero lower bound) zurückgriff, viel dazu beitrug, das globale Finanzsystem zu stabilisieren.

Die unkonventionelle Geldpolitik hat jedoch auf beiden Seiten des Atlantiks eine enorme Ausweitung der Notenbankbilanzen zur Folge. Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat zu ausserordentlichen Massnahmen gegriffen: Devisenmarktinterventionen, Erhöhung der Giroguthaben und die Festlegung des Mindestkurses von 1,20 CHF pro EUR. Das Ziel war, sich den Gefahren für die Schweizer Wirtschaft und die Preisstabilität entgegenzustemmen.

Vor diesem Hintergrund hat sich Fritz Zurbrügg, Mitglied des SNB-Direktoriums in einem interessanten Vortrag („Die Finanzkrise im sechsten Jahr: Ende in Sicht?“) am Donnerstag in Zürich mit dem Thema Geldpolitik bei der Stabilisierung des Finanzsektors und der Konjunktur befasst.

Die Stabilisierung des Finanzsektors ist zwar eine wichtige Voraussetzung für die Überwindung der Krise, aber keine Garantie für eine nachhaltige Erholung der Wirtschaft, unterstricht Zurbrügg.

Im Mittelpunkt des Referats stand die Frage, welche Risiken die ausserordentlichen geldpolitischen Massnahmen bergen. Zurbrügg hat drei davon hervorgeheben: (1) Vermögenspreisblasen, (2) Aufschieben von Strukturmassnahmen und (3) Instrumentalisierung der Notenbanken.


Bilanzen der Zentralbanken, Graph: Fritz Zurbrügg, SNB Geldmarkt-Apéro, March 21, 2013

Ad (1) Die Suche nach Rendite bei tiefen oder gar negativen realen Zinsen kann zu Fehlallkokationen an den Finanzmärkten führen. Relative Preise werden verzerrt und Risiken werden möglicherweise falsch bewertet. Ein aktuelles Beispiel aus der Schweiz ist der Immobilien- und Hypothekarmarkt. Die Preise für Wohnliegenschaften und die Hypothekarkreditvolumen wachsen hierzulande laut Zurbrügg seit mehreren Jahren sehr dynamisch.

Die Schweizer Regierung (Bundesrat) hat kürzlich auf Antrag der SNB den antizyklischen Kapitalpuffer (CCB) aktiviert, damit die Banken Hypothekarkredite zur Finanzierung von Wohnliegenschaften mit mehr Kapital unterlegen.

Ad (2) Lang andauernde Tiefzinsphasen schaffen auch Anreize, notwendige Strukturanpassungen hinauszuschieben. Günstige Finanzierungskosten vermindern bei Banken, Unternehmen und bei Staatshaushalten den Handlungsbedarf, was die Gefahr erhöht, dass schwierige Anpassungen(für künftiges Wirtschaftswachstum) nicht angepackt werden,  erklärt Zurbrügg.

Ad (3) Die unkonventionellen Massnahmen der Zentralbanken hatten dazu beigetragen, ein Abgleiten der Weltwirtschaft in Deflation und Depression zu verhindern. Aber die Geldpolitik kann nicht alle Probleme lösen. In vielen Industrieländern liegt das BIP immer noch unter dem Vorkrisenniveau, hält Zurbrügg fest. Und die globalen Wirtschaftsaussichten haben sich zuletzt noch einmal etwas eingetrübt.


Investitions- und Kreditwachstum, Graph: Fritz Zurbrügg, SNB Geldmarkt-Apéro, March 21, 2013

Warum verzögert sich aber die Erholung der Weltwirtschaft derart lange?
Erstens sind Rezessionen, die mit einer Bankkrise einhergehen, meistens tiefer und dauern länger.  Und zweitens erholt sich die Wirtschaft nach Bankkrisen i.d.R. nur schleppend.

Fazit: Damit die Weltwirtschaft nachhaltig wachsen kann, muss der Finanzsektor widerstandsfähiger werden, wie Zurbrügg argumentiert. Verbesserung der Bankenregulierung spielen dabei eine wesentliche Rolle. Wie der Zypern zeigt, sind die Reformen gescheitert, um das Banken-System zu stabilisieren. Der Banken-Sektor macht in Zypern das 7 bis 8fache der gesamten Wirtschaftsleistung der Insel aus.

Die ausserordentlichen Massnahmen ändern also nichts daran, dass im Finanzsektor nach wie vor Solvenzprobleme bestehen. Die Banken wollen uns glauben machen, dass alles in Ordnung ist, wie Anat Admati in einem Interview mit F&W betont. Das System bleibt verletzlich. Ein Teil des Kerngeschäftes der Banken besteht aus der Kreditaufnahme. Aber es ist kein Grund, dass die Banken immer mehr Kredit aufnehmen und sich dermassen hoch verschulden.

Die Aussicht auf eine Rettung durch die Steuerzahler ermutigt die Banken, noch grössere Risiken in Kauf zu nehmen. Die Situation begünstigt die Banken und verzerrt die Wirtschaft und setzt die Öffentlichkeit Risiken aus. Eine deutliche Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen und damit der Schutz der Stabilität des Finanzsystems ist im öffentlichen Interesse.

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