Martin
Wheatley von FSA, der britischen Bankenaufsicht hat am Freitag in London mitgeteilt,
dass der Libor gerettet werden kann.
Obwohl das gegenwärtige System zerrüttet ist, ist es nicht irreparabel, betont
der Aufseher.
Die
britische Regierung hatte Wheatley beauftragt, das System zu untersuchen.
Weltweit stehen nämlich eine Menge Banken (in Europa, den USA und Japan) unter
Verdacht, über Jahre hinweg Zinsmanipulationen betrieben zu haben.
Der
Libor dient dazu, den Zinssatz festzulegen, zu dem Banken sich untereinander
kurzfristig Geld leihen. Der Referenzzinssatz gilt weltweit als Basis für
Wertpapiere im Wert von 350‘000 Mrd Euro. Es gibt insgesamt 150 verschiedene
Libor-Zinssätze für unterschiedliche Währungen und Laufzeiten. Wheatley will
die Zahl auf 20 reduzieren.
Es
gab von Anfang an zwei implizite Annahmen in Bezug auf den Libor, erklärt Floyd Norris in NYTimes: die erste war, dass
die Banken damit praktisch risikofrei wären oder dass das Risiko zumindest
klein wäre und im Verlauf der Zeit sich nicht viel ändern würde. Die zweite
war, dass es eine Möglichkeit gäbe, um den Referenzzins tatsächlich zu
berechnen. Beide Annahmen haben sich als falsch erwiesen.
Es
gab dazu vor ein paar Jahren allzu aktuelle Parallelen: Die sog. Senior Tranches von ABS (asset-backed securities), d.h. von besicherten
Wertpapieren. Investoren suchten nach risiko-freien Wertschriften mit
beweglichen Zinssätzen (floating rates)
und die Wall Street hat im Wert von Billionen von Dollar solche Papiere
geliefert. Das Ergebnis ist bekannt.
Der
Libor ist und bleibt daher eine Fiktion,
betont Norris. Die Libor-Fiktion hat in den 1980er Jahren begonnen, als die
Finanzwelt einen Bedarf im privaten Sektor meldete: einen praktisch risikolosen
Zinssatz als Massstab. Die Banken hatten dazu gelernt, dass die Vergabe eines
langfristigen Darlehesn mit festen Zinsen Risiken enthielt. Die Gefahr bestand
darin, dass die Marktzinsen anstiegen, was die Kosten für die Bank anheben
würde.
Kurzfristige
Kredite könnten deshalb das Problem lösen, war die Idee, aber auf die Gefahr
hin, dass der Kreditnehmer jederzeit gezwungen werden könnte, den Kredit
zurückzuzahlen, was aber aus einem langfristigen Projekt herausgenommen werden
müsste. Also nicht ohne Komplikationen. Ein Darlehen könnte aber auch
langfristig vergeben werden, wenn es einen Referenzzinssatz gäbe, der in
regelmässigen Abständen gestützt auf die Finanzierungskosten der Banken
ermittelt würde. Wenn ein Darlehen drei Prozentpunkte über den 3-Monats-Libor
festgelegt würde, würde die Bank eine angemessene Risikoprämie bekommen.
Der
internationale Referenzzinssatz Libor wurde jedoch von Banken zum eigenen Nutzen
manipuliert, wie der Skandal in Grossbritannien vor
Augen führt. Der Libor wird täglich auf Grundlage von Angaben einer Gruppe von
angeschlossenen Banken ermittelt. Der britische Bankenverband (BBA), der bislang die Erhebungen über die
Preisbildung des Interbankensatzes durchgeführt hat, soll nun laut Wheatley ersetzt werden. Ein neues Gremium
wird in Zukunft die Aufgabe übernehmen.
Fazit: Kredite mit variablen Zinssätzen
für Privatkunden hängen von Libor ab. Die unter Verdacht stehenden Banken haben
allem Anschein nach versucht, durch falsche Angaben die Risiken und Kosten auf
die Öffentlichkeit zu übertragen.
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