Daniel Tarullo, ein Fed-Gouverneur hat vergangene
Woche in einem interessanten Vortrag („Financial Stability Regulation“) im Rahmen seiner Vorschläge zur
Regulierung der Banken zum ersten Mal Begrenzung der Grösse der Finanzinstitute
in Aussicht gestellt. In recht komplizierten Sätzen plädiert Tarullo im Grunde genommen für die definitive Einführung einer Obergrenze
für die grossen Banken.
Gläubiger
gehen davon aus, dass die Finanzinstitute im Ernstfall staatlich geschützt
werden, in erster Linie durch die Massnahmen der Fed. Die Banken und andere
Finanzunternehmen fühlen sich daher ermutigt, noch grösser zu werden, wobei die
wahrgenommenen Subventionen auch wachsen und die Finanzierungskosten der Banken
zurückgehen, klagt der Rechtsprofessor an der Georgetown University Law Center.
Tarullo
hebt von diesem Hintergrund insbesondere das Moral-Hazard-Problem im Zusammenhang mit Grossbanken hervor.
Simon Johnson hält es für einen Wendepunkt in der
Denkweise der US-Notenbank, dass erstmals von einer Beschränkung der Grösse der
Banken gesprochen wird, wie er in seiner lesenswerten Kolumne („Fed Should Push to Cut Biggest Banks Down to
Size“) in Bloomberg
bemerkt.
Tarullo,
der auch die Vorschläge für erhöhte Eigenkapitalanforderungen für die Banken
unterstützt, gibt den Ball aber an den Kongress weiter, über die Deckelung der
Grösse der Banken zu entscheiden.
Johnson
ist der Meinung, dass die Thematik nach der Präsidentschaftswahl in den USA an
Dynamik gewinnen wird, und zwar aus fünf Gründen:
(1) Es gibt mittlerweile ein tiefes Verständnis für die Probleme, die mit
Grossbanken zusammenhängen. Dazu zitiert Johnson zwei aktuelle Bücher: (a) Sheila Bair, die ehem. Vorsitzende der
US-Einlagensicherungsbehörde (FDIC): „Bull
by the Horns. Fighting
to Save Main Street From Wall Street and Wall Street From Itself“
und (b) Jeff Connaughton: “The Payoff: Why Wall Street Always Wins”.
(2) Es gibt eine wachsende Erkenntnis, dass die Grossbanken u.a. zu gross zu
verwalten sind. Die Evidenz von Mismanagement ist überwältigend: Libor-Betrug,
Geldwäscherei-Vorwürfe an HSBC-Holding und Standard Chartered Plc, und Trade-Verlust
in Höhe von 5,8 Mrd. $ von JPMorgan Chase (der sog. „London Whale“-Fall).
(3) Es gibt schon ein Gesetz in den Büchern, um die Grösse der Banken zu
beschränken. Der “Riegle-Neal
Interstate Banking and Branching Efficiency Act” (1994). Demnach darf keine Bank über mehr
als 10% der gesamten Privatkundeneinlagen verfügen. Tarullo schlägt vor, die
Verbindlichkeiten von Finanzunternehmen (ohne Berücksichtigung von Einlagen)
auf einen bestimmten Prozentsatz am BIP zu begrenzen.
(4) Die Idee wurde bereits 2010 von Senator Sherrod
Brown aus Ohio vorangebracht. Die Gesetzesvorlage kam jedoch im Senatsaal
zum Erliegen, beschreibt Johnson. Das vorgeschlagene Gesetz sieht vor, dass
keine Bank-Holding-Gesellschaft eine Bilanz-Summe von mehr als 1‘100 Mrd. $
haben darf, einschliesslich der ausserbilanziellen Geschäfte. Würde das Gesetz
in die Praxis umgesetzt, würden JPMorgan,
Citigroup, Bank of America und Wells
Fargo unmittelbar davon betroffen. Das heisst, dass diese Banken schrumpfen
müssten. Keine non-bank-Finanzunternehmen
darf über Vermögenswerte von mehr als 400 Mrd. $ verfügen.
(5) Die Grössenbeschränkung von Banken funktioniert in Ohio sehr gut, schildert der
an der MIT Sloan School of Management
lehrende Wirtschaftsprofessor weiter.
Die Grössenbeschränkung ist das moderne Äquivalent des Vertrauens und
geniesst Unterstützung vom gesamten politischen Spektrum, fasst Johnson als
Fazit zusammen. Menschen auf der rechten und linken Seite der Politik verstehen
nicht, warum Megabanken implizite staatliche Subventionen bekommen sollen und die
Menschen machen sich Sorgen darüber, dass die Top-Führungskräfte der
Grossbanken zu mächtig geworden sind.
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