Konservative
Ökonomen wie z.B. Michael Bordo (Rutgers) und John B. Taylor (Stanford) behaupten, dass die
US-Wirtschaft sich gemessen am Standard von vergangenen Rezessionen in Amerika
viel stärker hätte erholen sollen.
Glenn Hubbard und Kevin Hassett, die Mitt Romney, den Präsidentschaftskandidaten der
Republikanischen Partei beraten, prangen Obama an, mit einem fehlgeleiteten
kurzfristigen Konjunkturprogramm (fiscal
stimulus) dazu beigetragen zu haben, dass das Wirtschaftswachstum in den
USA unter dem langfristigen Trend verlaufe.
Eine
mehr leuchtende Frage ist, wie NY Times
berichtet, ob die USA im Sog der globalen finanziellen Katastrophe im
Vergleich zu anderen Ländern besser abgeschnitten hätten? Gemessen an dem
Standard hat sich das Wirtschaftswachstum in den USA überraschend besser
entwickelt.
Einige
andere Industrieländer wie z.B. Kanada (keine Bankenkrise), Australien (ein
grosser Exporteur von Rohstoffen) und Norwegen (Öl-Exporteur) sind schneller
gewachsen als die USA. Aber die US-Wirtschaft hat sich schneller erholt als
Japan, Neuseeland, Dänemark und Grossbritannien.
Der
einzige entscheidende Bereich, wo die USA schlechter abgeschnitten haben als
vergleichbare Länder, ist der Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit ist in Spanien
und Griechenland auf Rekordhöhen geklettert. Aber viele europäische Länder haben
die Beschäftigung besser gehandhabt. In Österreich, Deutschland und Belgien
wurden Unternehmen von der Regierung unterstützt, die Arbeitnehmer auf
Kurzarbeit zu stellen, anstatt zu entlassen. Schweden hat Löhne subventioniert.
BIP pro Kopf
(2007-2011), Graph: Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff in:
“This Time is Different, Again? The
United States Five Years after the Onset of Subprime”, Oct 14, 2012
Doch
die Kritiker des Präsidenten legen nicht nahe, dass die Regierung Löhne hätte
subventionieren und die Arbeit im öffentlichen Sektor finanzieren sollen. Sie
bejubeln vielmehr Haushaltskonsolidierung à la EU, wobei es offensichtlich ist,
dass die Kürzung der Staatsausgaben im Euro-Raum eine grosse Rolle gespielt hat,
das Wirtschaftswachstum in Europa zu vereiteln.
Die
Republikaner, die 2010 die Kontrolle
über das Repräsentantenhaus übernahmen, argumentieren, dass Konjunkturpaket
Verschwendung bedeute und kontraproduktiv sei. Und sie drängen auf Austerität
wie von Deutschland besessen gefordert wird.
Was
sagen Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff, die die Finanzkrisen und
ihre Folgen analysiert und in einem lesenswerten Buch („This Time Is Different“) vorgelegt haben? Vergleiche von Hubbard
und Bordo stellen grosse Missdeutung von Fakten dar und sind m.a.W.
Fehlinterpretation. Autsch! Diese Aussage ist insofern wichtig, als die
Kritiker von Obama sich gern auf Reinhart und Rogoff beziehen, um ihre
polemische Argumentation gegen die gegenwärtige US-Regierung zu rechtfertigen.
Es
ist in der Tat eine falsche Auslegung, weil die zitierten Obama-Gegner relativ
milde Rezessionen mit tiefen Finanzkrisen, die das Bankensystem in die Luft
sprengten, vergleichen (bzw. verwechseln). Erholung von schweren Finanzkrisen ist
schmerzhaft träge und schwierig, halten Reinhart und Rogoff fest.
Die
jüngste US-Finanzkrise scheint dem allgemeinen Muster einer Erholung von einer
schweren Finanzkrise zu entsprechen. Wenn man v.a. US-Output pro Kopf und die
Performance in Bezug auf die Beschäftigung mit anderen Ländern, die systemische
Finanzkrisen erlitten haben, vergleicht, dann ergibt sich, dass die
US-Performance besser ist als der Durchschnitt, unterstreichen Reinhart und Rogoff in einem weiteren Artikel („Sorry, US Recoveries Really Aren’t Different“) in Bloomberg.
Es ist ein
weiteres Beispiel dafür, wie Politisierung der Wirtschaft schadet, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog. Der Lehrsatz, dass Finanzkrisen makroökonomische Ergebnisse ändern
können, ist sicherlich eines der Dinge, was man in den letzten Jahren gelernt
hat. Doch es gibt bekannte Ökonomen, die sich weigern ,darauf zu hören, und
irreführende Studien veröffentlichen.
Es ist erstens ein ganz besonderes Kriterium, nur auf den Verlauf der Erholung in der Talsohle im ersten Jahr zu blicken, wie Taylor es tut. Prof. Taylor bezieht sich nämlich lediglich auf das erste Jahr der Erholung. Zweitens ist es unglaubwürdig, dass Taylor die Krisen von 1973 und 1981 als „Finanzkrisen“ bezeichnet, wobei es sich dabei tatsächlich um „disinflation recessions“ handelt, die mehr oder weniger durch die Fed verursacht worden sind, wie Krugman schildert.
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