Samstag, 20. Oktober 2012

Einkommensungleichheit und Wirtschaftswachstum


Der IWF sagt, dass die Einkommensungleichheit das Wirtschaftswachstum drückt und nicht einfach ein Nebenprodukt des Wachstums ist. Sollen die USA Massnahmen ergreifen, um die Problematik anzugehen? Und wenn ja, welche Initiativen würden das Wirtschaftswachstum fördern und die Einkommenslücke verringern?

NY Times („Shrink Inequality to Grow the Economy?“) sucht im Rahmen von “Room for Debate” Antworten auf diese Fragen und bittet eine Reihe von renommierten Ökonomen um eine Stellungnahme.

Joseph Stiglitz bemerkt in einem lesenswerten, kurzen Artikel („Political Causes, Political Solutions“) dazu, dass der IWF völlig Recht hat, dass die Ungleichheit für die Stabilität schlecht ist. Aber noch bevor der IWF dazu Stellung nahm, hat die United Nations Commission of Experts on Reforms of the International Monetary and Financial System wachsende Ungleichheit als einen der wichtigsten Faktoren für die Great Recession von 2008 ausgemacht, hebt der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.

In seinem lesenswerten BuchThe Price of Inequality“ erläutert der Träger des Wirtschaftsnobelpreises (2001), durch welche Kanäle die Ungleichheit häufig zu Instabilität führt.

Der eine Kanal ist, dass die Ungleichheit schwache Nachfrage zur Folge hat. Und die Nachfrage bleibt schwach, falls keine ausgleichende Massnahmen getroffen werden, z.B. durch die Fed. Der Grund ist einfach: diejenigen an der unteren und an der mittleren Einkommensklasse verbrauchen im Wesentlichen alles von ihrem Einkommen. Diejenigen an der oberen Einkommensklasse hingegen sparen 15%, 20% oder mehr davon. Wenn das Geld von unten nach oben verlagert wird, wie es in den USA in den letzten Jahrzehnten geschehen ist, führt die abnehmende Nachfrage zu Arbeitslosigkeit und zu einer schwachen Wirtschaft.

Die Fed hat zwar eingeschritten, indem sie die Zinsen senkte und die Regulierung lockerte. Es hat funktioniert. Die Schaffung einer Blase hat den Konsum-Boom gefördert. Aber es war klar, dass es nur ein temporärer Notbehelf war, schildert Stiglitz weiter.

Der andere Kanal ist die Verbindung zwischen wirtschaftlicher Ungleichheit (zumindest in der extremen Form wie in den USA) und politischer Ungleichheit. Damit gemeint sind die Ungleichgewichte in der Politik, die sich durch den ungebührlichen Einfluss von Unternehmen bei der Gestaltung der Gesetze und der Regulierung, insbesondere mit Bezug auf die Finanzmärkte bemerkbar machen.

Lange vor der Finanzkrise gab es nämlich reichlich Hinweise darauf, dass die Deregulierung der Finanzmärkte zu mehr Instabilität führt, nicht zu einem höheren Wirtschaftswachstum, hält Stiglitz fest.

Der ehemalige Wirtschaftsberater von US-Präsident Bill Clinton vertritt die Ansicht, dass eine Politik, die die Ungleichheit angeht, vielfältig sein muss. Eine grosse Komponente soll ein gerechteres Steuersystem umfassen, einschliesslich der Schliessung der Schlupflöcher zugunsten der reichsten Menschen. Kapitalgewinne werden z.B. zum gleichen Satz wie die Löhne und Gehälter besteuert, die die Menschen von der Arbeit beziehen.

Viel von der Exzesse an der Spitze ist das Ergebnis mangelnder Durchsetzung des Wettbewerbsrechts, aus Mangel an Unternehmensführung und unzureichender Regulierung der Finanzmärkte, erklärt Stiglitz.

Ein besserer und gleicher Zugang zu Bildung (einschliesslich mehr Studienzuschüsse und besserer Studenten-Kreditprogramme) sind unabdingbar, um das Einkommen der mittleren und unteren Gruppen zu stärken. Auch stärkere Gewerkschaften und eine wirksame Durchsetzung von Antidiskriminierungsgesetzen sind notwendig, um Armut zu reduzieren.

Die wichtigsten Entscheidungen werden auf der politischen Bühne getroffen und das ist der Grund, warum die wichtigste Reform einen stärkeren Schutz der Demokratie bedeutet, und zwar gegen den überproportionalen Einfluss des Geldes in der Politik, fasst Stiglitz als Fazit zusammen.

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