Der
IWF sagt, dass die Einkommensungleichheit
das Wirtschaftswachstum drückt und nicht einfach ein Nebenprodukt des Wachstums
ist. Sollen die USA Massnahmen ergreifen, um die Problematik anzugehen? Und
wenn ja, welche Initiativen würden das Wirtschaftswachstum fördern und die
Einkommenslücke verringern?
NY Times („Shrink Inequality to Grow the
Economy?“) sucht im Rahmen von “Room
for Debate” Antworten auf diese Fragen und bittet eine Reihe von
renommierten Ökonomen um eine Stellungnahme.
Joseph Stiglitz bemerkt in einem lesenswerten,
kurzen Artikel („Political Causes, Political
Solutions“) dazu, dass der IWF völlig Recht hat, dass die Ungleichheit für
die Stabilität schlecht ist. Aber noch bevor der IWF dazu Stellung nahm, hat
die United Nations Commission of Experts
on Reforms of the International Monetary and Financial System wachsende
Ungleichheit als einen der wichtigsten Faktoren für die Great Recession von
2008 ausgemacht, hebt der an der Columbia
University lehrende Wirtschaftsprofessor hervor.
In
seinem lesenswerten Buch „The Price of Inequality“ erläutert der Träger des
Wirtschaftsnobelpreises (2001), durch welche Kanäle die Ungleichheit häufig zu
Instabilität führt.
Der
eine Kanal ist, dass die Ungleichheit schwache Nachfrage zur Folge hat. Und die
Nachfrage bleibt schwach, falls keine ausgleichende Massnahmen getroffen
werden, z.B. durch die Fed. Der Grund ist einfach: diejenigen an der unteren
und an der mittleren Einkommensklasse verbrauchen im Wesentlichen alles von
ihrem Einkommen. Diejenigen an der oberen Einkommensklasse hingegen sparen 15%,
20% oder mehr davon. Wenn das Geld von unten nach oben verlagert wird, wie es
in den USA in den letzten Jahrzehnten geschehen ist, führt die abnehmende
Nachfrage zu Arbeitslosigkeit und zu einer schwachen Wirtschaft.
Die
Fed hat zwar eingeschritten, indem sie die Zinsen senkte und die Regulierung lockerte.
Es hat funktioniert. Die Schaffung einer Blase hat den Konsum-Boom gefördert.
Aber es war klar, dass es nur ein temporärer Notbehelf war, schildert Stiglitz
weiter.
Der
andere Kanal ist die Verbindung zwischen wirtschaftlicher Ungleichheit
(zumindest in der extremen Form wie in den USA) und politischer Ungleichheit. Damit
gemeint sind die Ungleichgewichte in der Politik, die sich durch den
ungebührlichen Einfluss von Unternehmen bei der Gestaltung der Gesetze und der Regulierung,
insbesondere mit Bezug auf die Finanzmärkte bemerkbar machen.
Lange
vor der Finanzkrise gab es nämlich reichlich Hinweise darauf, dass die Deregulierung
der Finanzmärkte zu mehr Instabilität führt, nicht zu einem höheren Wirtschaftswachstum,
hält Stiglitz fest.
Der
ehemalige Wirtschaftsberater von US-Präsident Bill Clinton vertritt die
Ansicht, dass eine Politik, die die Ungleichheit angeht, vielfältig sein muss.
Eine grosse Komponente soll ein gerechteres Steuersystem umfassen,
einschliesslich der Schliessung der Schlupflöcher zugunsten der reichsten
Menschen. Kapitalgewinne werden z.B. zum gleichen Satz wie die Löhne und
Gehälter besteuert, die die Menschen von der Arbeit beziehen.
Viel
von der Exzesse an der Spitze ist das Ergebnis mangelnder Durchsetzung des
Wettbewerbsrechts, aus Mangel an Unternehmensführung und unzureichender
Regulierung der Finanzmärkte, erklärt Stiglitz.
Ein
besserer und gleicher Zugang zu Bildung (einschliesslich mehr Studienzuschüsse
und besserer Studenten-Kreditprogramme) sind unabdingbar, um das Einkommen der mittleren
und unteren Gruppen zu stärken. Auch stärkere Gewerkschaften und eine wirksame
Durchsetzung von Antidiskriminierungsgesetzen sind notwendig, um Armut zu
reduzieren.
Die
wichtigsten Entscheidungen werden auf der politischen Bühne getroffen und das
ist der Grund, warum die wichtigste Reform einen stärkeren Schutz der
Demokratie bedeutet, und zwar gegen den überproportionalen Einfluss des Geldes
in der Politik, fasst Stiglitz als Fazit zusammen.
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