Sonntag, 14. Oktober 2012

Quantitative Easing versus Qualitative Easing


Roger Farmer hat kürzlich auf einer Fed-Konferenz in St. Louis einen interessanten Vortrag („Qualitative Easing: How it Works and Why it Matters“) gehalten.

Farmer macht eine sinnvolle Unterscheidung (*) zwischen quantitative easing und qualitative easing und erklärt, dass es auf die Komposition der Bilanzsumme ankommt, nicht auf die Grösse, wobei die qualitative easing in erster Linie durch die Vervollständigung der Märkte funktionieren soll.

In seiner in St. Louis vorgelegten Forschungsarbeit erläutert Farmer die Wirksamkeit der qualitativen Lockerung der Geldpolitik. Es ist eine Regierungspolitik, die dazu bestimmt ist, die Risiken durch die Zentralbank-Käufe von privat gehaltenen riskanten Vermögenswerten sowie deren Ersetzung durch Staatspapiere zu entschärfen, wobei die Rendite durch die Steuerzahler garantiert wird. Massnahmen dieser Art wurden vor kurzem von nationalen Zentralbanken weltweit getroffen, und zwar mit impliziten Garantien des Schatzamtes.

Der an der University of Los Angeles (UCLA) lehrende Wirtschaftsprofessor entwickelt dazu ein allgemeines Gleichgewichtsmodell, wo Agenten rationale Erwartungen hegen und es eine Reihe von Wertschriften gibt , wo aber die Agenten nicht in der Lage sind, an den Finanzmärkten teilzunehmen, die offen sind, bevor sie geboren wurden. Gestützt darauf zeigt Farmer, dass eine Veränderung in der Zusammensetzung der Vermögenswerte in der Bilanz der Zentralbank Gleichgewichtspreise von Vermögenswerten verändert.  Ferner legt Farmer vor, dass eine Massnahme, mit der die Zentralbank die Schwankungen am Aktienmarkt stabilisiert, Pareto-verbessernd ist und kostenlos vollzogen werden kann.

Zentralbanken in der ganzen Welt haben sich in den letzten Jahren für zwei Arten von unkonventioneller Geldpolitik engagiert: quantitative easing (QE, d.h. mengenmässige Lockerung), welche einen Anstieg der Grösse der Bilanzsumme der Zentralbank durch die Zunahme der monetären Verbindlichkeiten zur Folge hat, und qualitative easing (QuaE), welche eine Veränderung in der Zusammensetzung der Vermögenswerte der Zentralbank in Richtung weniger liquiden und risikoreicheren Vermögenswerte geht, wobei die Grösse der Bilanzsumme unverändert bleibt.

Farmer vertritt die Meinung, dass QuaE wirtschaftliche Aktivität stabilisieren kann und dass eine Massnahme dieser Art den ökonomischen Wohlstand erhöht.

Da die QuaE durch die Zentralbank durchgeführt wird, ist es oft als eine Geldpolitik klassifiziert. Aber weil es für die öffentliche Bilanz Risiko bedeutet, wird es schliesslich von Steuerzahler getragen. QuaE ist besser als Fiskal- oder quasi-fiscal Politik zu betrachten, wie auch von Buiter befürwortet wird. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil, damit QuaE wirksam wird, die Umverteilung von Ressourcen notwendig ist, von einer Gruppe von Agenten auf die andere, erklärt Farmer.

Die Fehlklassifizierung von QuaE als Geldpolitik führt laut Farmer zu einer erheblichen Verwirrung über die Wirksamkeit der Massnahme und stellt ein Missverständnis des Kanals dar, wodurch sie funktioniert.

Zum Beispiel hat Michael Woodford neulich behauptet, dass QuaE unwahrscheinlich wirksam sei und daher die Wirtschaft nicht ankurbeln kann. Die Stimulierung muss laut Woodford durch die Auswirkungen der qualitative easing auf die Erwartungen der Teilnehmer am Finanzmarkt für die künftigen geldpolitischen Massnahmen der Fed erfolgen.

Die Behauptung, dass die QuaE unwirksam ist, basiert auf der Annahme, dass sie keine Auswirkungen auf die Verteilung der Ressourcen hat. Farmer ist jedoch der Ansicht, dass die QuaE wirksam ist, weil sie die Verteilung der Ressourcen verändert, indem sie für die Pareto-Verbesserung von Trades sorgt, welche die Agenten nicht für sich bewerkstelligen können.

Fazit: Kauf von Vermögenswerten durch die Zentralbank hat wenig, wenn überhaupt, mit herkömmlicher Geldpolitik zu tun. In einigen Modellen sind die Asset Swaps (Tausch von riskanten durch weniger riskante Vermögenswerte) durch die Zentralbanken wirksam, weil die Zentralbank die Monopolmacht hat, Geld zu drucken. Obwohl dieser Kanal eine sekundäre Rolle spielen kann, wenn der Nominalzinssatz auf der Nullgrenze liegt (zero lower bound), ist es nicht der primäre Kanal, wodurch die QuaE auf die Preise von Vermögenswerten auswirkt.

Offenmarktgeschäfte der Zentralbanken in riskanten Vermögenswerten sind wirksam, weil die öffentliche Hand die Fähigkeit hat, die Finanzmärkte zu vervollständigen, indem sie für die Agenten steht, die nicht in der Lage sind, zu unterhandeln. Und es ist eine Massnahme, die selbst in einer Welt, wo das Geld nicht als Tauschmittel gebraucht wird, effektiv wäre.

(*) Die Unterscheidung war zum ersten Mal von Willem Buiter gemacht worden, wie in diesem Blog hier, hier und hier mehrfach hervorgehoben wurde.

Keine Kommentare: