Dienstag, 15. Mai 2012

SNB und Mindestkurs


Thomas Jordan, der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hat gestern in einem Referat die Geldpolitik in Krisenzeiten erläutert.

Jordan hat unter anderem die Interventionen der SNB am Devisenmarkt in Schutz genommen. Die Schweiz war im Sommer 2011 aufgrund der Eskalation der Euro-Krise mit einem enormen Aufwertungsdruck auf den Franken konfrontiert.

Es mussten extreme Massnahmen ergriffen werden, um einen Kollaps der Wirtschaft zu verhindern, erklärt Jordan. Die SNB hat am 6. September 2011 einen Mindestkurs von 1.20 Franken pro Euro festgelegt.

Verletzt der Mindestkurs nicht die Spielregeln des IWF?

Handelt es sich dabei um einen Schritt in Richtung einer kompetitiven Abwertung zur Erlangung von unfairen Wettbewerbsvorteilen?

Die Antwort ist laut Jordan ganz klar nein. Weil (1) eine klare, ökonomisch eindeutige Begründung für den Einsatz solcher Mittel vorliegt, und (2) darüber transparent kommuniziert wird.

Der Mindestkurs wird als ausserordentliche Massnahme in einer Extremsituation international akzeptiert, unterstreicht Jordan.


Mindestkurs Franken pro Euro, Graph: Prof. Thomas Jordan, SNB-Präsident, in: „Geldpolitik in Krisenzeiten“, May 2012, Zürich.

Die Ziele und die Motivation dieser Massnahme wurden von den Märkten und von den ausländischen Zentralbanken verstanden. Die SNB konnte laut Jordan eindeutig und klar begründen, dass der Devisenmarkt infolge internationaler Ereignisse nicht mehr ordentlich funktionierte.

Zudem wurde mit 1.20 Franken pro Euro ein Niveau als Mindestkurs festgelegt, bei dem der Franken immer noch als klar überbewertet gilt, so Jordan.


Mindestkurs Franken pro Euro, realer effektiver Wechselkurs, Graph: Prof. Thomas Jordan, SNB-Präsident, in: „Geldpolitik in Krisenzeiten“, May 2012, Zürich.

Der Mindestkurs dient also einzig dazu, diesen Störungen entgegenzuwirken und die mit ihnen potenziell verbundenen enormen Kosten für die Schweizer Wirtschaft abzuwenden. Er wurde also gerade nicht eingeführt, um den Wettbewerb zu verzerrren, sondern um entstandenen Verzerrungen zu begegnen.

7 Kommentare:

George hat gesagt…

Wie biased da Jordan doch die Real Effective Exchange Rate des Franken gegenüber anderen Darstellungen dargestellt hat:

Mit der kürzlich starken Aufwertung von GBP und USD ist der Franken nach dieser Darstellung auf Basis Real Exchange Rate fast fair bewertet:

Wie wäre es mit:
http://twitpic.com/9llox4



http://georgedorgan.livejournal.com/#post-georgedorgan-2273

Martin Burch hat gesagt…

@George: GBP und USD spielen insofern eine kleinere Rolle, weil die Schweizer (Real-)Wirtschaft in erster Linie im Euroraum geschäftet...

George hat gesagt…

30% der Exporte gehen in USD Raum (US, implizit China), 12 in UK, 7% nach Japan
http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/06/05/blank/key/handelsbilanz.html

Martin Burch hat gesagt…

@George: Ja eben und dann noch mal gaaaaanz kurz überlegt, ist das nicht irgendwie eine Arbitragegelegenheit was Du da sagst? Wenn der CHF fair gegenüber GBP und USD bewertet ist, aber nicht gegenüber dem EUR (schon klar, dass die Arbitragelegenheit kein einfacher Tausch über drei Währungen ist)?

George hat gesagt…

Was als "Fair bewertet" bezeichnet wird, hängt von der Wirtschaftslage ab. Momentan bei extrem niedrigen Zinsen zählt im wesentlichen eine positive internationale Investment Position und eine positive Handelsbilanz.

Details dazu in meiner Abhandlung zum Franken:
http://georgedorgan.blogspot.com/2012/05/will-eurchf-never-rise-over-122-again.html

Martin Burch hat gesagt…

@George: Sooooooooooo viel Zeit zum lesen habe ich jetzt auch nicht. Nur ganz kurz, warum das für die Schweizer (Export-)Wirtschaft sogar gut ist: Wenn das Wachstum im EUR-Wirtschaftsraum schlechter wird, damit der EUR schwäger wird und mit ihm der CHF ist USD, GBP und JPY stärker. DAMIT kann die CH Exportindustrie ihre Ausfälle im EUR-Wirtschaftsraum einfacher kompensieren :)

Martin Burch hat gesagt…

*Grrrr* Sorry mein schlechtes Deutsch! Ich hoffe der Grundgedanke ist trotzdem verständlich...