Die politischen Vorgaben der EZB scheinen von der Ideologie und einem moralischem Urteil geleitet als von soliden Wirtschaftswissenschaften, bemerkt Kash Mansori in seinem Blog. Der Ökonom deutet in diesem Zusammenhang auf einen von der EZB an die italienische Regierung verschickten Brief hin.
Wie BBC berichtet, wurde der Brief nun in der italienischen Preisse veröffentlicht:
Die EZB teilt Italien mit, seine Arbeitsmarktgesetze weitreichend zu ändern und mit rigorosen Massnahmen das Haushaltsfdefizit zu kürzen. In dem an Ministerpräsident Silvio Berlusconi im August gerichteten Schreiben berichtet die EZB, dass die Schwere der wirtschaftlichen Situation in Italien ausgeprägte und sofortige Schritte erfordert.
In einer ungewöhnlich klaren Sprache sagen die Unterzeichner des Briefes, dass Berlusconi tiefgreifende Reformen einleiten müsse, darunter die Öffnung der öffentlichen Dienste und Überholung der Lohnverhandlungen und die Regeln, was die Einstellung und Entlastung von Arbeitnehmern betrifft.
Der Brief ist in Corriere della Sera veröffentlicht worden. Demnach soll Italien das Haushaltsdefizit bis 2012 auf 1% des BIP zurückschrauben und 2013 einen ausgeglichen Haushalt ausweisen, insbesondere durch Ausgabenkürzungen.
Haushaltsdefizit und Wirtschaftswachstum in der Eurozone, Graph: Kash Mansori
(1) Wie im Artikel der italienischen Tageszeitung hervorgehoben wird, hinterlässt das Timing der Dinge den Eindruck, als ginge es um quid pro quo: die EZB würde nur helfen, wenn die italienische Regierung bestimmte politische Schritte unternehmen würde. Die EZB hat es kontiniuerlich abgestritten, dass an EZB-Hilfen solche Bedingungen geknüpft seien, legt Mansori dar. Es wäre ja sonst schrecklich, wenn die EZB eine demokratisch gewählte Regierung so erpressen würde.
(2) Die EZB bringt offensichtlich eine rein ideologische Präferenz für Italien zum Ausdruck, indem sie das Land auffordert, das Haushaltsdefizit durch Ausgabenkürzungen zu erzielen. Sollte es aber nicht durch die Grösse und die Entscheidungen der Regierung in einem demokratischen Prozess bestimmt werden, ob ein Land ein Haushaltsdefizit durch Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen erreichen soll?, fragt Mansori.
Es ist in Mansoris Augen daher störend, dass die EZB-Führung versucht, ihre offensichtlich eigene Neigung zu „Small-Government“ auf die Demokration in der Eurozone aufzuerlegen.
(3) Was Mansori darüber hinaus besorgniserregend findet, ist, dass ein zentrales Element der wirtschaftspolitischen Vorgaben durch die EZB einfach vollkommen falsch ist. Italiens Problem ist nicht Haushaltsdefizit. Italien hat chronisch hohe Staatsdefizite in den vergangenen Jahrzehnten bis zur Euro-Einführung gehabt. Italien hat aber heut ein kleineres Budgetdefizit als Frankreich, Belgien oder sogar Niederlanden über die letzten Jahren.
Warum fordert die EZB von Italien eine kontraktive Politik, wenn Italien gerade damit ringt, aus der tiefen Rezession zu kommen? Warum zeigt die EZB mit dem Finger auf Italiens Haushaltsdefizit, wenn Italien gemessen daran besser abschneidet als viele andere Kern-Länder der Eurozone? Es gilt festzuhalten, dass die wirtschaftspolitischen Ratschläge, die die EZB erteilt, völlig falsch sind.
Mansori befürchtet, dass es ein weiteres Zeichen dafür ist, wie ein Damm durch ein Reservoir an kulturellen und moralischen Urteilen durch den Norden gegenüber dem Süden bricht.
„Scheinbar kommen alte Vorurteile wieder heraus. Und eine überraschend grosse Anzahl von Menschen besinnen sich auf die vereinfachende Stereotypen, dass die Südeuropäer faul und verantwortungslos seien, was den Euro durch die moralischen Verfehlungen gefährde und daher eine gnadenlos grosse Dosis von rigorosen Sparmassnahmen benötigt wird, unabhängig davon, ob es ökonomisch Sinn macht oder nicht“, fasst Mansori als Fazit zusammen.
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