Montag, 12. September 2011

EZB: Ein einwandfreies Desaster

Jean-Claude Trichet, der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag seine Kaltblütigkeit verloren.

Als Antwort auf die Frage, ob die EZB wegen des Ankaufs von Staatsanleihen aus angeschlagenen Volkswirtschaften in der Euro-Zone eine „Bad Bank“ wird, hat Trichet seine Stimme erhoben und darauf bestanden, dass seine Institution „einwandfrei, tadellos“ als Hüterin der Preisstabilität agiert habe, bemerkt Paul Krugman in seiner lesenswerten Montagskolumne („An Impeccable Disaster“) in NYT.

„In der Tat. Und darum steht der Euro nun vor dem Zusammenbruch“, bekräftigt Krugman. An dieser Stelle tragen die Länder in Not etwa ein Drittel des BIP der Euro-Zone bei, was bedeutet, dass die europäische Währung unter existenzieller Bedrohung steht.

Wenn man sich europäische Politiker anhört, also nicht nur die deutschen Politiker, denkt man, dass die Schwierigkeiten des Kontinents einfach eine Moralgeschichte von Schuld und Strafe sind: Regierungen nehmen zu viel Kredit auf. Nun zahlen sie den Preis und die Fiscal Austerity (rigorose Sparmassnahmen) ist die einzige Antwort, beschreibt der an der Princeton University lehrende Wirtschaftsprofessor.

Doch diese Geschichte gilt, wenn überhaupt, nur für Griechenland und sonst für niemanden. Insbesondere Spanien hatte einen Haushaltsüberschuss am Vorabend der Finanzkrise im Jahre 2008. Spaniens fiskalische Bilanz war, man könnte sagen, einwandfrei, argumentiert Krugman.

Warum ist also Spanien, zusammen mit Italien, was eine höhere Verschuldung, aber gerigeres Haushaltsdefizit hat, in so viel Schwierigkeiten? Die Antwort ist, dass diese Länder mit etwas Ähnlichem wie Bank Run konfrontiert sind, mit der Ausnahme, dass der Ansturm (run) auf Staatsanleihen stattfindet, nicht auf die Finanzinstitute.

Nun kann ein Land mit seiner eigenen Währung wie z.B. Grossbritannien diesen Prozess kurzschliessen. Die Bank of England (BoE) kann einschreiten, um mit neu geschaffenem Geld Staatsanleihen zu kaufen. Das mag zu Inflation führen, obwohl selbst das zweifelhaft ist, solange die Wirtschaft in einer Depression steckt, aber die Inflation stellt derzeit eine viel kleinere Bedrohung dar als Zahlungsunfähigkeit (default). Spanien und Italien sind aber im Euro und sie können die Währung daher nicht abwerten, erklärt Krugman.

Was Herr Trichet und seine Kollegen gerade jetzt tun sollten, ist, spanische und italienische Staatspapiere zu kaufen, das heisst, das zu tun, was diese Länder tun würden, wenn sie noch ihre eigene Landeswährung hätten, legt Krugman nahe. 

Die Rede hier ist nicht über eine Krise, die sich in ein oder zwei Jahren entfalten wird. Das Ding könnte laut Krugman in ein paar Tagen ausseinanderfallen. Und wenn dies der Fall ist, wird die ganze Welt leiden. Wird die EZB tun, was getan werden muss und die Kreditvergabe lockern und die Zinsen senken? Oder werden die europäischen Staats- und Regierungschefs sich nach wie vor darauf konzentrieren, die Schuldner zu bestrafen, die sich selbst retten sollen. Die ganz Welt schaut zu.

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