Der amerikanische Finanzminister Tim Geithner hat vor 10 Tagen auf Einladung der polnischen Regierung am informellen Treffen der Euro-Finanzminister in Breslau teilgenommen. In EU-Kreisen hat es geheissen, dass Geithner empfohlen habe, den EFSF wie TALF (Term Asset-backed Lending Facility) der US-Notenbank einzusetzen. Die US-Notenbank hatte im Rahmen des TALF-Programms Wertpapiere gekauft, wobei die Ausfallrisiken vom US-Finanzministerium übernommen worden waren. Die Euro-Retter könnten laut Geithner mit dem EFSF auf diese Weise ein Vielfaches an Anleihevolumen aufkaufen.
Die Idee ist, dass der Rettungsschirm EFSF (1) keine Staatsanleihen kauft, sondern eine Garantie (für das Ausfallrisiko) für diejenigen Investoren gibt, die die Staatsanleihen an der EU-Peripherie kaufen. Darüber hinaus soll die EZB (2) die „unbegrenzte Kapazität ihrer Bilanzsumme“ nutzen, um privaten Investoren den Kauf von Staatsanleihen zu finanzieren.
„Das ist mehr oder weniger dieselbe Strategie, die Geithner vor rund 2 Jahren in den USA an den Tag gelegt hat, um die Märkte für hypotheken-besicherte Wertpapiere (Mortage-Backed Securities) zu beleben. Es hat aber nicht funktioniert“, schreibt Perry Mehrling in seinem Blog. Die Fed hat stattdessen begonnen, die Wertpapiere selbst zu kaufen. Die Massnahme ist als QE1 bekannt.
Der an der Barnard College, Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor erklärt, dass der Grund, warum TALF nicht funktioniert hat, mit Komplikationen mit Hypotheken amerikanischen Stils zu tun hat. Diese Komplikationen sind vermutlich in Staatsanleihen nicht vorhanden. Könnte TALF deshalb vielleicht in Europa funktionieren? Die EZB müsste kein Kreditrisiko übernehmen, aber dafür ihre Bilanzsumme ausweiten.
Die Euro-Zone hat kein gemeinsames Finanzministerium hat. Die EU ist eine Währungsunion, keine Fiskalunion. Deshalb soll der Rettungsschirm EFSF irgendwie diese Aufgaben übernehmen. Die angesprochene Massnahme addressiert in erster Linie die Liquiditätsproblematik. Ohne Zweifel ist aber das zugrunde liegende Problem Zahlungsunfähigkeit, unterstreicht Mehrling und erinnert daran, dass die Fed im März 2008 nach dem Zusammenbruch von Bear Stearns begonnen hatte, (a) die Fed Funds Rate von 5% auf 2% zu senken und (b) die lender of last resort Funktion wahrzunehmen. Die Fed hat danach Staatsanleihen aus ihrem Bestand verkauft, um die Erlöse an eine sich ausweitende Sammlung von hilfsbedürftigen Kontrahenten zu verleihen, gegen zulässige Sicherheiten (eligible collateral) natürlich. „Das ist, wo die Fed am Vorabend von Lehman stand, und das ist mehr oder weniger, wo die EZB heute steht“, beschreibt Mehrling.
Nach Lehman war die erste Aktion der Fed, im Wesentlichen durch die Offerierung der eigenen Bilanz als Gegenpartei sowohl für Kreditgeber als auch für Kreditnehmer Interbankengeldmarkt (wholesale money market) zu stützen. Das war der Ursprung der ersten Bilanz-Expansion. Das war eine neue Art von Intervention, die Prof. Mehrling als „dealer oflast resort“ bezeichnet, wo die Fed in Erscheinung tritt, indem sie Geld- und Briefkurse am Interbankengeldmarkt stellt und die daraus resultierenden Order Flows in seine eigene Bilanz aufnimmt.
Nun erkennt Mehrling die Art von dealer of last resort Funktion am Geldmarkt in EZB, da einige Kreditgeber ihre Einlagen verschieben und einige Kreditnehmer nach alternativen Finanzierungsquellen suchen. „Die EZB hat es aber leichter als die Fed, da der globale Finanzierungsmarkt vor allem ein Dollar-Markt ist, nicht Euro-Markt. Die EZB muss sich aber für den Fall vorbereiten, dass die Euro-Finanzierungskrise sich in eine Dollar-Finanzierungskrise verwandelt“, fasst Mehrling als Fazit zusammen.
PS: Interbankengeldmarkt (wholesale money market) ist der Markt, wo die Banken sich kurzfristig refinanzieren. Aktuell müssen Investoren einen Abschlag auf Euro-Verzinsung in Kauf nehmen, weil aufgrund der anhaltenden Euro-Krise das Vertrauen in europäische Banken im allgemeinen abgenommen hat. Das heisst, dass die Darlehen in Dollar sich für die europäischen Banken verteuern, wenn der Abschlag steigt. Die Basis Swaps Kontrakte belaufen sich zur Zeit auf Minus. Der negative Wert (siehe Abbildung) bedeutet, dass die Kreditnehmer weniger Euro erhalten, wenn sie Zahlungen in Dollar (gestützt auf Libor) im Austausch für einen im voraus vereinbarten Betrag Dollar leisten. Das heisst, dass die Investoren bereit sind, im Basis-Swap Geschäft weniger Zinszahlungen auf Kapital, das in Nicht-Dollar-Währugen ausgeliehen wurde, zu bekommen.
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