Samstag, 3. September 2011

Fiscal Austerity: Hauptfaktor für Wachstumsverlangsamung


Der Beschäftigungszuwachs ist gleich Null in den USA. Im vergangenen Monat ist netto keine neue Stelle geschaffen worden. Es sind insgesamt 14 Millionen Amerikaner ohne Job. Die Arbeitslosigkeit verharrt auf 9,1%. Zugleich wurde die Zahl für den Vormonat nach unten korrigert. Statt 117‘000 sind im Juli laut Bureau of Labor Statistics (BLS) nur noch 85‘000 Arbeitsplätze entstanden.

Sind die düsteren wirtschaftlichen Daten eine Wiederspiegelung der Hinwendung zu Fiscal Austerity (Sparmassnahmen)? Es gibt Leute, die sagen, „nein, die Austerity hat in den USA noch nicht begonnen“. „Das ist aber falsch“, bemerkt Paul Krugman in seinem Blog.

Die Tatsache ist, dass das Verblassen des Konjunkturprogramms (stimulus) und insbesondere die Hilfe für Bundesstaaten und kommunale Behörden bereits spürbar ist und zu einem erheblichen Rückzug der Nachfrage der öffentlichen Hand führt, erklärt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor.


Öffentliche Hand (USA), Konsum, Ausgaben und Investitionen (alle real), Graph: Prof. Paul Krugman

Krugman zeigt mit der Abbildung die Veränderungen der realen Ausgaben der öffentlichen Hand über die vergangenen Jahre.

Man schaue bitte auf die Staatsausgaben für Waren und Dienstleistungen, welche laut Standard Makroökonomie den höchsten Multiplikator haben, weil der Konsum der öffentlichen Hand im Gegensatz zu Transfers und Steuersenkungen per Definition ausgegeben wird als gespart.

Als die Rezession offiziell zu Ende ging, stiegen die Staatsausgaben mit einer jährliche Rate von rund 60 Mrd. $. Nun fallen sie mit einer jährlichen Rate von 60 Mrd. $. Der Unterschied ist rund 1% des BIP. Und vielleicht sogar 1,5%, wenn man den Multiplikator mitberücksichtigt, erklärt Krugman. Das macht die Hinwendung zum Sparkurs den Hauptfaktor der Wachstumsverlangsamung.


USA: Arbeitsplätze ausserhalb der Landwirtschaft (NFP), Graph: BLS

Die Austerity Policy (rigorose Sparmassnahmen) erwürgt auch in Europa die wirtschaftliche Erholung. „Nach mehr als einem Jahr der aggressiven Haushaltskürzungen durch die europäischen Regierungen konfrontiert die wirtschaftliche Abschwächung auf dem Kontinent die Politiker von Madrid bis Frankfurt mit einer unbequemen Frage: Wurde das falsche Problem angegangen?“, schreibt The Washington Post.

Die Kampagne zum Abbau des Defizits der öffentlichen Hand war eine Reaktion auf die Euro-Krise, die die europäischen Politiker und Mainstream-Ökonomen (immer noch) als Staatsschuldenkrise vermarkten. Die Finanzkrise war dabei eine Spekulationskrise der Banken, wie Heiner Flassbeck zutreffend formuliert.

Die EZB hat am Vorabend der Finanzkrise (im Juli 2008) keine Hemmungen gehabt, die Zinsen wider besseres Wissen anzuheben. Spanien und Irland hatten vor dem Ausbruch der Finanzkrise Haushaltsüberschüsse. Und die spanische und irische Staatsverschuldung betrug weniger als die deutsche Staatsverschuldung.

Die EZB setzt inzwischen ihren Jagd nach dem Phantom Inflation weiter. Jean-Claude Trichet hat in diesem Kontext die Zinsen 2011 weiter erhöht, einmal im April und dann noch einmal im Juli. Der „one-size-fits-all“-Ansatz der EZB ignoriert die Trade-offs zwischen Austerity und Wachstum, wie The Washington Post hervorhebt.

Y = C + I + G + (X-M)

Wenn Beschäftigung nicht steigt, dann fallen die Realeinkommen der Verbraucher. Wenn weniger konsumiert (C) wird, investieren (I) Unternehmen angesichts der mangelhaften Nachfrage nicht. Die Konsumausgaben machen rund zwei Drittel des BIP in den USA aus. Und der Aussenbeitrag (in der Gleichung als (X-M) repräsentiert, d.h. Export Minus Import) kommt auch ins Stocken. Wenn der Staat (G) sich auch zurückhält, woher soll das Wachstum kommen?

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