Das
amerikanische Haushaltsdefizit beläuft sich auf rund 1‘000 Mrd. $. Die ominöse Summe mit vielen Nullen wird in der
Debatte über das Budgetdefizit der USA wird immer wieder in den Mittelpunkt
gerückt.
Gestützt darauf argumentieren die Konservativen, dass der Sozialstaat
aufgrund des hohen Defizits zurückgefahren werden muss. Das Loch im Haushalt
sei so gross, dass es keinen Unterschied ausmache, die Wohlhabende darum zu
bitten, mehr Steuern zu zahlen. Aber es macht nichts, wenn die Armen weiter
leiden.
Ja,
das Haushaltsdefizit beträgt 1‘000 Mrd. $. Aber ein grosser Teil dieses
Defizits geht auf die schwer angeschlagene Wirtschaft zurück, ruft Paul Krugman in seinem Blog in Erinnerung. Vernünftige Schätzungen legen nahe, dass die
Produktionslücke (output gap) rund 900 Mrd. $ pro Jahr beträgt. Man kann
darüber streiten, ob die Schätzung richtig ist oder nicht. Aber die
Produktionslücke (=BIP minus BIP-Kapazität) erhöht aber das Defizit, dadurch dass der Staat weniger
Steuern einnimmt und die Ausgaben für das Sozialsystem steigen, wie z.B. für
die Arbeitslosenversicherung und die Medicaid
(staatlicher Gesundheitsdienst für arme Leute).
Das
CBO offeriert dafür keine Zahlen, aber aus Erhebungen geht hervor, dass die automatischen
Stabilisatoren 300 Mrd. $ oder mehr ausmachen. Dazu muss man auch die
nicht-automatischen Stabilisatoren zählen, die ja auch zyklisch sind, wie z.B.
die erweiterte Arbeitslosenunterstützung und vorübergehende Kürzungen von
Sozialversicherungsabgaben (payroll-tax).
Der Punkt ist, wie Krugman erklärt, dass die Erholung der Wirtschaft das
Haushaltsdefizit verkürzen würde, und zwar viel, sicherlich um mehr als 400 Mrd.
$.
Null
ist daher nicht die entscheidende Zahl im Haushaltsdefizit. Es gibt ein
besseres Kriterium: Haushaltssaldo (budget
balance), was auf einer nachhaltigen Basis die Schulden im Verhältnis zum
BIP stabilisieren soll.
Zur Zeit beträgt die Verschuldung der öffentlichen Hand
etwas über 70% des BIP. Das
Wirtschaftswachtum ist 2% und die Inflation beläuft sich auch auf 2%. Das
bedeutet, dass sich daraus ein Defizit fast 3% des BIP ergibt, oder sagen wir rund 450 Mrd. $, was mit einer
stabilen Schuldenquote im Einklang stehen würde. Nimmt man das alles zusammen,
ist das Loch im Haushalt viel kleiner als 1‘000 Mrd. $. Es gibt eigentlich
überhaupt kein Loch.
Nun, das heisst nicht, dass
alles gut ist. Wenn die Wirtschaft sich erholt, sollten wir versuchen, die
Schuldenquote nicht nur zu stablisieren, sondern zu reduzieren, hält Krugman
fest. Eine alternde Bevölkerung mit steigenden Kosten im Gesundheitswesen
bedeutet, dass Amerika unter der derzeitigen Politik ein erhebliches strukturelles Defizit in einem
Jahrzehnt hätte, auch wenn es derzeit keins gibt. Was Krugman als Fazit
nahelegen will, ist nicht, dass es kein Defizit-Problem gibt, sondern dass es gar nicht um 1‘000 Mrd. US-Dollar geht.
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