Freitag, 7. Dezember 2012

Die vergessenen Millionen: Arbeitslose


Alle reden von Fiscal Cliff. Warum wird aber die Arbeitslosigkeit vergessen? Paul Krugman legt in seiner lesenswerten Kolumne („The Forgotten Millions“) am Freitag in NYTimes Wert darauf, etwas klarzustellen: Amerika steht keiner Finanzkrise gegenüber. Das Land erfährt viel mehr eine Job-Krise.

Es ist einfach, über Fiscal Cliff verwirrt zu werden. Einer jüngsten Umfrage zufolge glaubt eine grosse Mehrheit der Bevölkerung, dass das Haushaltsdefizit steigen werde, wenn wir über die „fiskalische Klippe“ stürzen, hebt der Träger des Wirtschaftsnobelpreises hervor.

In der Tat geht es um genau das Gegenteil. Die Gefahr besteht, dass das Defizit zu viel und zu rasch gesenkt wird. Dennoch gibt es eine ganze Industrie um die Förderung der Defizit-Panik. Verschwenderisch finanzierte Konzerne bauschen die Gefahr der Staatsverschuldung und die Dringlichkeit des „Defizitabbaus jetzt jetzt jetzt“ auf. Abgesehen davon, dass dieselbe Gruppe plötzlich von zu vielem Defizitabbau warnt. Kein Wunder, dass die Öffentlichkeit durcheinander kommt.

Inzwischen gibt es fast keinen organisierten Druck, eine schreckliche Sache zu bewältigen, die tatsächlich stattfindet, nämlich die Massenarbeitslosigkeit. Ja, es wurden Fortschritte erzielt. Aber die Langzeitarbeitslosigkeit bleibt so hoch wie seit Great Depression nicht mehr. Per Oktober 2012 hatten 4,9 Millionen Amerikaner seit mehr als sechs Monaten keine Arbeit und 3,6 Millionen Menschen sind seit mehr als einem Jahr arbeitslos.

Was kann also getan werden? Die Panik im Hinblick auf Fiscal Cliff zeigt, dass sogar die Defizit-Schimpfer heimliche Keynesianer sind, schildert Krugman. Das heisst, dass sie daran glauben, dass Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen zum Zeitpunkt Arbeitsplätze vernichten würden. Es ist unmöglich, die Behauptung aufzustellen, während man es abstreitet, dass vorübergehende Erhöhung von Ausgaben und Senkung von Steuern Arbeitsplätze schaffen würden. Ja, die immer noch angeschlagene Wirtschaft benötigt mehr Fiscal Stimulus.

Präsident Obama hat zu seinen Ehren eine geringe Menge an Stimulus in seinem ursprünglichen Haushaltsplan nicht ausgeschlossen, unterstreicht Krugman. Leider erwartet niemand, dass der Stimulus Plan in eine wie auch immer zu erzielende Einigung einbezogen werden würde.

Warum wird Arbeitslosen nicht geholfen? Es ist nicht so, dass man es nicht kann. Es hat laut Krugman mit Ideologie zu tun. Auch Republikaner, wenn sie gegen die Kürzungen der Verteidigungsausgaben sind, beginnen, sofort darüber zu sprechen, wie solche Kürzungen Arbeitsplätze vernichten würden.

Am Ende ist es schwer, die Schlussfolgerung zu vermeiden, dass es mit Klassen zu tun hat. Einflussreiche Leute in Washington machen sich keine Sorgen, ihren Job zu verlieren. Sie kennen nicht einmal jemanden, der seinen Job verloren hat.

Und natürlich engagieren Arbeitslose keine Lobbyisten oder steuern keine Beiträge für eine politische Wahl-Kampagne bei. So setzt sich die Krise der Arbeitslosigkeit fort, auch wenn wir über die Kenntnisse und die Mittel verfügen, das Problem zu lösen, hält Krugman als Fazit fest. Es ist eine grosse Tragödie. Und es ist auch ein Skandal.

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