Montag, 24. Dezember 2012

Haushaltsdebatte und fehlgeschlagene Prophezeiung


In den 1950er Jahren schlossen sich drei Sozialpsychologen einem Kult an, die das bevorstehende Ende der Welt vorhersagte. Ihre Absicht war die Reaktion der Kultanhänger zu testen, wenn die Welt nicht planmässig unterging. Was sie beobachteten, war, dass der unwiderlegbare Ausfall einer Prophezeiung wahre Gläubiger nicht veranlasste, ihre Einstellung zu überdenken. Ganz im Gegenteil: sie wurden sogar noch inständiger und missionierten noch härter, schreibt Paul Krugman in seiner lesenswerten Kolumne („When Prophecy Fails“) am Montag in NYTimes.

Diese Einsicht scheint von grosser Bedeutung zu sein, als das Jahr 2012 dem Ende neigt. Schliesslich glaubten viele Menschen, dass wir am Rand einer Katastrophe stehen. Und diese Sicht wurde durch die Massenmedien mit einer aussergewöhnlichen Reichweite verbreitet. Es stellte sich heraus, dass die vorhergesagte Katastrophe ausgeblieben ist. Aber wir können sicher sein, dass die Kultanhänger  nicht einräumen werden, dass sie fehlschlugen. Nein, die Leute, die uns gesagt haben, dass eine fiskalische Krise unmittelbar bevorsteht, tun es immer weiter, mehr denn je davon überzeugt.

Nein, im Ernst, Krugman redet nicht über den Maya-Kalender.

In jener Phase der gegenwärtigen Wirtschaftskrise und inbesondere, jedes Mal, wenn jemand versucht, etwas über die Massenarbeitslosigkeit zu unternehmen, warnt ein Chor von Stimmen davor, dass wir das Haushaltsdefizit abbauen müssen, und zwar jetzt sofort!, weil die Finanzmärkte sonst die Zinsen durch die Decke treibend auf Amerika losgehen würden. Nur sehr wenige von den Propheten des haushaltspolitischen Untergangs (fiscal doom) nahmen bisher zur Kenntnis, dass sie mit ihren Prophezeiungen gescheitert sind.

Krugman und andere Ökonomen haben von Anfang an argumentiert, dass Haushaltsdefizite keine steigenden Zinsen zur Folge hätten, solange die Wirtschaft schwer angeschlagen ist. Die grösste Gefahr für die Wirtschaft ist, dass wir das Defizit viel zu früh abbauen, hebt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor hervor. Und diese Sicht wurde bislang durch die Ereignisse in jeder Hinsicht bestätigt.

Das Wichtigste ist, zu verstehen, dass die Propheten der finanzpolitischen Katastrophe an dieser Stelle tatsächlich Mitglieder eines Weltuntergang-Kults sind. Sie sind emotional und beruflich verpflichtet, daran zu glauben, dass die fiskalische Krise gleich um die Ecke lauert. Und sie halten daran fest, unabhängig davon, um wie viele Ecken wir wenden, ohne der Krise zu begegnen.

Wir können diese Leute nicht davon überzeugen, im Lichte der Erkenntnisse über ihre Ansichten nachzudenken. Alles, was wir tun können, ist, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken, weil viele Mitglieder des Defizit-Kults sehr respektabel scheinen. Aber sie lagen enorm und absurd falsch, über Jahre hinweg, und es ist Zeit, damit aufzuhören, sie ernst zu nehmen.

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