Andrew Bailey, der künftige Chef der britischen
Bankenaufsicht (Prudential Regulation
Authority) denkt, dass einige Banken einfach zu gross geworden sind,
juristisch belangt zu werden, wie NYTimes in einem lesenswerten Artikel („British Regulator Says Banks Too Big to
Prosecute“) berichtet.
Es
wäre ein sehr destabilisierendes Problem, was eine andere Version von „too important to fail“ (zu wichtig, um
zu scheitern) darstelle, sagt der britische Aufseher in einem Gespräch mit der
britischen Zeitung The Telegraph. Eine Reihe von britischen Banken wie z.B. HSBC und Barclays sind
kürzlich gezwungen worden, hohe Strafen wegen rechtswidriger Tätigkeiten
einiger ihrer Mitarbeiter zu zahlen. Bailey meint, dass die Grösse der vielen
Finanzinstitute es erschwere, gegen sie rechtlich vorzugehen.
Amerikanische
Behörden haben sich neulich gegen eine Anklage für HSBC über Geldwäscherei
entschieden. Stattdessen wurde vereinbart, dass die Bank eine Geldstrafe in
Höhe von 1,9 Mrd. $ zahlt, um den Skandal
abzuschliessen. HSBC soll Drogenkartellen und Terroristen bei der Geldwäsche
geholfen haben.
Bill Black kann es nicht fassen, wie die
amerikanischen und die britischen Behörden sich mit HSBC auf einen Vergleich einlassen
konnten. Der an der University of
Missouri, Kansas City lehrende Rechtsprofessor hat für einen angeblichen „kooperativen
Ansatz“ nur Kopfschütteln übrig.
Wie
Black im Blog „New Economic Perspective“ zum Ausdruck bringt, handelt es sich dabei um systematisch
gefährliche Institutionen (SDI: systemically dangerous institutions),
welche wie „zu gross, um unterzugehen“ (TBTF:
too-big-to-fail) behandelt werden,
weil sie ein globales Risiko darstellen, wenn sie scheitern.
Die
SDIs sind Massenvernichtungswaffen im ökonomischen Sinne, hebt der ehemalige Senior S&L-Regulator hervor. Eine
Massenvernichtungswaffe zuzulassen, die in erster Linie die eigene Nation
zerstört, ist ein Akt des Wahnsinns, legt Black dar.
Die
offensichtliche Alternative ist, die SDIs so zu verkleinern, dass sie nicht
mehr ein systemisches Risiko darstellen und die Schrumpfung heute schon durchgeführt
wird, bevor sie untergehen.
Wenn
machtvolle Unternehmen und ihre leitende Angestellte ihr Vermögen durch massive
Betrügereien erhöhen und ungestraft davon
(d.h. keine strafrechtliche Sanktionen) kommen, werden Integrität und Recht
zerfressen, argumentiert Black weiter. Wirksame Finanzmarktregulierung,
Aufsicht und Strafverfolgung sind für „freie Märkte“ unerlässlich. Wenn Betrüger
gedeihen, werden ehrliche Unternehmen aus dem Markt verjagt. Das ist ein Punkt, den George Akerlof in seinem berühmten
Artikel aus dem Jahr 1970 im Hinblick auf die Märkte für „Zitronen“ erklärt hat.
Der Träger des Wirtschaftsnobelpreises beschreibt im besagten Artikel (The Market for „Lemons“) eine „Greshamsche Dynamik“, wo schlechte Ethik die gute Ethik aus dem Markt drängt.
Das Ergebnis ist eine andere Form des systemischen Risikos.
Die
mit der britischen Bank HSBC vereinbarte Einigung ist die ultimative
Beleidigung für jeden normalen Menschen, der mit dem Betäubungsmittelgesetz in
Berührung gekommen ist, schreibt Matt
Taibbi dazu in einem lesenswerten Artikel („Outrageous HSBC Settlement Proves the Drug War is a Joke“) in
RollingStone.
Trotz
der Tatsache, dass HSBC zugegeben hat, Millarden Dollar für die mexikanischen
und kolumbianischen Drogenkartelle Geld gewaschen und eine Vielzahl von
wichtigen Bankgesetzen (von „Bank Secrecy
Act“ bis „Trading With the Enemy Act“)
verletzt zu haben, hat das US-Justiz Department es vorgezogen, keine
Strafverfolgung der Bank zu beschliessen. Stattdessen wurde eine Geldstrage von
1,9 Mrd. $ vereinbart, was im Grunde
genommen Einnahmen der Bank aus fünf Wochen entspricht.
Die
Geldwäsche-Geschäfte der Bank waren so dreist, dass die NSA wahrscheinlich aus
dem Weltraum gesehen hat. Lanny Breuer,
assistant attorney general räumt ein,
dass die Drogenhändler in die HSBC Filialen in Mexiko kamen, und
Hunderttausende von Dollar in Bar an einem einzigen Tag lieferten, auf ein
einziges Konto, in Schachteln, die für die Schalter-Fenster der Bank genau
angepasst waren, schildert Taibbi. Obwohl es nicht ausdrücklich angegeben
wurde, liegt die Begründug der Vorgehensweise der Behörden anscheinend darin, dass die
Verfolgung eines Strafverfahrens gegen die Bank, die offensichtlich als
„systemisch relevant“ gilt und die Setzung der Führungskräfte der Bank ins
Gefängnis wegen Geldwäsche mit Drogen, die Stabilität des Finanzsystems
gefährden würde.
Wenn
man beschliesst, die Banker für Milliarden Dollar Verbrechen in Sachen
Drogenhandel und Terrorismus strafrechtlich nicht zu verfolgen, dann wird das
Banken-System damit nicht geschützt. Ganz im Gegenteil erschreckt es Investoren
und Sparer überall, wo der Eindruck entsteht, dass auch die „seriösen“ Banken
in der Tat in die Abhängigkeit geratene Institutionen sein können, wo die
Senior Führungskräfte in den Diensten von (was nicht genug wiederholt werden
kann) Mördern und Terroristen stehen.
HSBC
verspricht, dafür zu sorgen, dass die Führungskräfte, die ein Jahrzehnt lang in
die Geldwäsche in Milliarden Höhe Dollar verwickelt sind, während der um 5 Jahre
verzögerten strafrechtlichen Verfolgung-Vereinbarung ihre Boni teilweise
zurückstellen müssen. Teilweise! Wen will man aber damit verarschen, fragt
Taibbi zu Recht zurück. Ist es überhaupt eine Strafe?
Gewöhnliche Menschen, die
an gewöhnlichen Drogen-Fällen beteiligt sind, werden ins Gefängnis gesteckt.
Taibbi zählt dazu ein paar konkrete Fälle mit Namen auf. Insbesondere erwähnt
er auch Cameron Douglas, den Sohn des Hollywood-Schauspielers Michael Douglas.
Cameron hat wegen des einfachen Besitzes an Drogen für fünf Jahre
Gefängnisstrafe bekommen. Er wurde von seinen Wächtern für 23 Stunden am Tag
für 11 Monate in Einzelhaft gehalten, wobei Besuche durch die Familie und
Freunde versagt blieb. Auf der anderen Seite, wenn man eine wichtige Person ist
und für eine grosse internationale Bank arbeitet, wird man strafrechtlich nicht
verfolgt, auch wenn man 9 Mrd. $
Drogengelder gewaschen hat.
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