Die
Geldpolitik gilt in gewöhnlichen Zeiten als ein effizientes Instrument, besser
geeignet als Fiskalpolitik, die Inflation zu bekämpfen und die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage zu stabilisieren.
Der
zentrale Grundsatz der gängigen Lehrbücher der Makroökonomie legt aber nahe,
dass alles anders ist, wenn die Wirtschaft in einer Liquiditätsfalle steckt.
Der
ganze Fall für Konjunkturprogramme
(fiscal stimulus) und gegen die
Austeritätspolitik (austerity) beruht
auf der Vorstellung, dass die Zentralbank, wenn die nominalen Zinsen nahe Null
(zero lower bound) liegen, mit der
Geldpolitik weder für die Vollbeschäftigung sorgen noch die kontraproduktiven
Auswirkungen der Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen ausgleichen kann.
Das
ist nicht schwer, zu verstehen. Denn es ist schliesslich „Makroökonomie
Einmaleins“. Doch viele Ökonomen scheinen irgendwie auf Kriegsfuss damit zu
stehen, das grundlegende Konzept zu begreifen. Paul Krugman bedauert es, wie
z.B. Ryan Avent sich von Tyler Cowen und
Brad DeLong von Alberto Alesina
ablenken lassen, als ob es keinen Unterschied zwischen Ausgabenkürzungen in
gewöhnlichen Zeiten und Ausgabenkürzungen, während der Zeit, wo die Wirtschaft
sich nahe Null Grenze befindet, gäbe.
Die
massive Ausdehnung der Bilanz der Zentralbanken im Sog der Finanzkrise von 2008
hat im Hinblick auf die Theorie und die Praxis von Geldpolitik viele Fragen
aufgeworfen. Die Trennung zwischen Geld- und Fiskalpolitik scheint in
der Gegenwart zunehmend zu verschwimmen.
Die
Interaktionen der wirtschaftspolitischen Massnahmen ändern sich so, dass ein
Dilemma entsteht, was die Auswirkungen der unkonventionellen Massnahmen in
Hinblick auf die Inflation, die Zinssätze und das Wirtschaftswachstum betrifft.
Die
unkonventionellen geldpolitischen Massnahmen, die in einer Liquiditätsfalle
getroffen werden und derzeit hitzige Debatten auslösen, sind, um die
wichtigsten zu nennen, wie folgt:
(1) Mengenmässige Lockerung der Geldpolitik
(genannt auch QE: quantitative easing). Die Zentralbank
kauft langfristige Anleihen, um die Zinsen am lange Ende der Ertragskurve nach
unten zu drücken.
(2) Eine aktive Fiskalpolitik erweist sich als wirksam, um
die anhaltende Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und den Hysterese-Effekt abzumildern, damit
nicht noch mehr Humankapital verschwendet wird.
(3) „Forward Guidance“: Ankündigung
durch die Zentralbank, die kurzfristigen Zinsen für eine bestimmte Zeitperiode
tief zu halten. Dazu gehört auch eine glaubwürdige Erhöhung der
Inflationserwartungen, um die reale Last der Verschuldung zu senken.
(4) NGDP-Targeting: Die Steuerung eines nominellen BIP. Die Zentralbank soll
sich an einem bestimmten nominellen Ziel der
Wirtschaftsleistung gemessen am BIP orientieren, was sich aus dem realen BIP und
der Inflation zusammensetzt und
(5) Devisenmarktinterventionen: Wenn die
Zentralbank mit der Festlegung eines Mindestkurses für die Landeswährung
in einer Extremsituation akute Deflationsgefahr unterbinden will. Als Beispiele
können Bank of Japan und SNB erwähnt werden.
Die
komplexen Wechselwirkungen zwischen Haushaltsdefizit, Schuldenstrukturpolitik
der öffentlichen Hand und der aktiven Geldpolitik rufen vor diesem Hintergrund
Bedenken hervor, wo „financial repression“ und „fiscal dominance“ an Boden gewinnen.
Das
Zauberwort „financial repression“
kommt heute auf die Tagesordnung v.a. im Zusammenhang mit „makroprudentiellen
Massnahmen“. Das heisst, dass es darum geht, die konventionelle Geldpolitik zu
ergänzen, zum Beispiel durch Überwachung und Regulierung des Finanzsektors auf
der Makro-Ebene. Das Ziel ist u.a. die Robustheit des Finanzsektors zu erhöhen
und das prozyklische Verhalten des Bankensektors zu reduzieren, zum Beispiel
durch die Einführung einer Leverage-Ratio
und einer Anpassung der Liquiditätsanforderungen.
Manche
Investoren beschweren sich aber über
die „zu lange – zu niedrige“ Zinsen. Die Fed sei dafür verantwortlich, dass die
Banken die Kreditvergabe nicht ankurbeln, weil die Zinsspannen (net interest margin) aufgrund der sehr
niedrigen Zinsen sehr gering sind. Die Null-Grenze (zero lower bound) wird m.a.W. als „repression“ wahrgenommen.
Die
Fed will (soll) aber die Zinsen erst dann erhöhen, um einen unerwünschten
Anstieg der Inflation zu unterbinden, wenn die Wirtschaft die Vollbeschäftigung
wiederherstellt. Die Arbeitslosigkeit müsste also unter 7% sinken und rasch
weiter fallen.
Wenn
also von „financial repression“ die Rede ist,
befindet sich die Wirtschaft in einem „alternativen Universum, wo die Tugend,
wie Krugman ausdrücken würde, zu Laster wird. Und die vergangenen 5 Jahre
zeigen, dass die Modelle auf der Nachfrageseite (mit keynesianischem Ansatz)
funktioniert haben, während andere Modelle kläglich gescheitert sind.
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