Die
EZB, die kürzlich eine schwache Prognose für das kommende
Jahr geliefert hat, rechnet mit einer anhaltenden Rezession im Euro-Raum. Die Zentralbank
hat vergangene Woche ihre BIP-Vorhersage von Minus 0,4% auf Minus 0,5%
korrigiert.
Vor
diesem Hintergrund ist es nicht abwegig, zu erwarten, dass die EZB bereits im
ersten Quartal 2013 die Zinsen senken würde. Zugleich schiessen aber Spekulation
ins Kraut, dass die EZB eher den Einlagenzinssatz senken könnte, und zwar unter
Null Prozent. Denn das überschüssige Geld, das die Banken bei der EZB über
Nacht parken, wird zur Zeit zu Null Prozent verzinst. Die Banken müssten also
eine Art Strafzins dafür zahlen, falls sie weiterhin kein Geld untereinander
leihen und hohe Sichtguthaben (235 Mrd. €) bei der EZB deponieren
würden.
Nachdem
Mario Draghi, EZB-Präsident am
vergangenen Donnerstag auf der
EZB-Pressekonferenz angekündigt hat, dass die EZB über negative Zinsen für Einlagen der Banken nachdenke, ist der Zinssatz
für die (ungesicherte) Kreditaufnahme in Cash am Interbankengeldmarkt zum
ersten Mal unter Null gefallen, was sich
inzwischen aber wieder etwas erholt hat
Peter Praet, Mitglied des Direktoriums der EZB
hat nun in einem Interview mit WSJ gesagt, dass „wir für einen
negativen Einlagenzinssatz bereit sind“. Da die EZB aber wenig Erfahrung mit
negativen Zinsen habe, rät Praet zu Vorsicht, v.a. im Hinblick auf die Konditionen
für die Kreditvergabe. Die Überlegung sei aber im Gange.
Ein
negativer Zinssatz für Einlagen wäre so etwas wie die Gebühr für ein
Bankschliessfach. Die Idee ist im Grunde genommen, Banken einen Anreiz zu
geben, Geld zu leihen, anstatt zu horten.
Dänemark hat im Juli offiziell
einen negativen Zinssatz festgelegt. Die
Banken, die ihre Sichtguthaben bei der dänischen Zentralbank über Nacht parken,
müssen eine Art Gebühr in Höhe von 0,2% entrichten.
In
der Schweiz ergibt sich bei
wöchentlichen Auktionen von Geldmarkt-Papieren seit dem dritten Quartal 2011
Jahr negative Renditen. Heute erfolgte die 70. Auktion in Folge für ein Geldmarktpapier mit 91 Tagen Laufzeit mit einer
negativen Rendite von -0,138%. Auch die Staatsanleihen mit einer
Laufzeit bis zu 5 Jahren weisen negative Rendite auf.
Frances Coppola (h/t to FTAlphaville) hat kürzlich in ihrem Blog vor diesem Hintergrund darauf hingewiesen, dass Banken nur
dann Geld verleihen, wenn die Bilanz zwischen Risiko und Ertrag funktioniert,
und zwar zu ihren Gunsten. Wenn nicht, dann verleihen sie kein Geld. Und sie
werden daher weiterhin Geld horten. Es sei eine Tatsache, dass das
Gleichgewicht zwischen Risiko und Ertrag so schrecklich sei, dass die Banken keinen
Kredit vergeben, vielleicht mit Ausnahme an kreditwürdige Kreditnehmer, so
Coppola. Das ist ja nicht alles. Es gibt Anzeichen dafür, dass kreditwürdige
Haushalte und Unternehmen nicht einmal Kredit aufnehmen wollen. „Kreditaufnahme
und –Vergabe ist out, Sparen ist in“, legt Coppola dar.
Wenn
die EZB also negative Zinssätze für die überschüssigen Reserven der Banken
einführen würde, würden die Banken noch mehr nach sicheren Anlagen fragen, als
Alternative zum Parken von Einlagen bei der EZB.
Es
gibt aber Analysten, wie z.B. Giles Moec, Deutsche
Bank die die Ansicht vertreten, dass die Verwendung von negativen Zinsen
auf Einlagen die Banken im Kern der Euro-Zone überproportional bevorteilen
würde, was dazu führen würde, dass mehr deutsche und französische
Staatsanleihen gesucht würden. Begründung: Nur die Banken der Kernländer
verfügen über grosse Liquidität bei den jeweiligen nationalen Zentralbanken.
Ein negativer Einlagenzins hätte deswegen keine direkten Auswirkungen auf die
Peripherie der Euro-Zone.
Das
Flow & Liquidity-Team von JP Morgan
ist aber anderer Meinung. Die schwachen Banken der Peripheriländer würden
dadurch nicht unbedingt gestraft. Die Kern-Banken sind auf negative Zinsen
empfindlicher als die Peripherie-Banken. Die Kern-Banken würden daher im Falle
eines negativen Einlagenzinssatzes in erster Linie die Kredite, die sie via LTRO
aufgenommen hatten, zurückzahlen. Die Kern-Banken haben von der EZB Kredite in
Höhe von rund 350 Mrd. € geliehen. Und sie haben Überschüssreserven in Höhe von
900 Mrd. € bei der EZB. Das heisst, dass die Kern-Banken „long cash“ sind, erklären die Analysten von JP Morgan. Die Peripherie-Banken haben hingegen von der EZB Kredite
in Höhe von 770 Mrd. € aufgenommen und verfügen über Überschussreserven in Höhe
von 80 Mrd. €. Das heisst, dass sie „short
cash“ sind. Würde die EZB den Einlagenzinssatz auf Minus 0,25% senken,
würden die Peripherie-Banken das Geld zurück in die Peripherie bringen, was
auch TARGET2-Ungleichgewichte reduzieren würde, lautet das Argument.
Fazit: Es ist ein trübes Bild. Es kann im
Allgemeinen nicht
gesagt werden, dass die negativen Zinsen „anspornend“ wirken. Es gibt möglicherweise unbeabsichtigte Konsequenzen einer eventuellen negativen Verzinsung der Einlagen. Warum
erwartet aber die EZB eine anhaltende Rezession im kommenden Jahr? Antwort: Die
übermässige Austerität, die die EU fördert. Die EZB soll daher die Zinsen senken
und als lender of last resort unbegrenzt
Staatsanleihen kaufen.
Die Erfahrungen von Schweden und Dänemark mit
negativen Einlagenzinsen bieten keine Hilfe, da die beiden Länder diese
ausserordentliche Massnahme ergriffen haben, um die Verzerrungen am Devisenmarkt
zu bekämpfen, nicht direkt die Wirtschaft anzukurbeln. Das unmittelbare Ziel der
dänischen und der schwedischen Zentralbank war, die übermässige Aufwertung der Landeswährung
zu unterbinden, weil die beiden Währungen (DKK und SEK) genau wie der Schweizer
Franken (CHF) im Sog der eskalierenden Euro-Krise als sicheren Hafen angesteuert
wurden.
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