Es
besteht kein Zweifel daran, dass die beliebte Geschichte darüber, wie ein
Angriff von Bond Vigilantes einen starken Zinsanstieg verursachen und Amerika
zu Griechenland machen würde, vollkommen unschlüssig ist, wie Paul Krugman in seinem Blog in den vergangenen Monaten mehrfach unterstrichen hat.
Es
geht nicht nur darum, dass es bisher keine Anzeichen für die Existenz von Bond Vigilantes
gegeben hat, sondern auch darum, dass es schwer nachvollzuziehen ist, selbst
wenn die Bond Vigilantes einen Angriff starten würden, wie sie eine Rezession
in einem Land, welches über seine eigene Währung verfügt und kaum grosse Menge
an Schulden in Fremdwährung hat, auslösen können.
Alan Greenspan, der ehemalige Fed-Präsident hat im
Juni 2010 in einem Artikel („US Debt and
the Greece Analogy“) in WSJ es für „bedauerlich“ erklärt, dass die Bond Vigilantes noch nicht
angegriffen hätten. Aber Greenspan hat widerwillig eingeräumt, dass die niedrigen
Zinsen „bis ins nächste Jahr“ anhalten dürften. Gemeint war das Jahr 2011. So,
was hat Greenspan aus seiner gescheiterten Prophezeiung inzwischen gelernt?
Natürlich nichts, wie der an der University of Princeton lehrende
Wirtschaftsprofessor betont.
Vor
diesem Hintergrund unternimmt Krugman in seinem Blog einen weiteren Versuch,
der Leserschaft zu helfen, die Schwankungen der Zinsen zu verstehen, und zwar
anhand des Beispiels einer vereinfachten Welt, wo es drei Arten von
Vermögenswerten gibt: (1) kurzfristige
Wertpapiere, (2) langfristige
Staatsanleihen und (3) ausländische
Anleihen.
Eine
vereinfachte Welt mit drei Arten von Vermögenswerten, Graph: Prof. Paul Krugman
Einzelne
Investoren können nun mit diesen drei Anlagen ihre Portfolios umschichten. Die
Preise von Anlagen fallen und steigen, wie Angebot und Nachfrage sich für die
einzelnen Anlagen entwickeln. Was sind diese Anlagepreise? Es gibt drei Preise,
die in Frage kommen: (a) kurzfristige
Zinsen, (b) langfristige Zinsen und (c) der Wechselkurs. Zu einem bestimmten
Zeitpunkt ist einer davon fest. Und die anderen zwei schwanken frei. Welche zwei?
Es hängt von der Geldpolitik ab.
Die
USA haben eine unabhängige Geldpolitik und der Wechselkurs schwankt frei. Die
Fed setzt gestützt auf ihre Unabhängigkeit die kurzfristigen Zinsen, die heute
im Grunde genommen auf der Null-Grenze liegen. Das heisst, dass die
langfristigen Zinsen und der Wechselkurs sich anpassen können.
Nun,
es gab in den vergangenen Jahren einige beträchtliche Schwankungen, was die
langfristigen Zinsen betrifft. Und jedes Mal, als die Zinsen stiegen, gab es
Berichte über die angebliche Angst vor Verschuldung. In Wirklichkeit ist es
jedoch ganz klar, dass die treibende Kraft hinter dem Anstieg der Zinsen der
schwankende Optimismus in Bezug auf die Aussichten für die Erholung der Wirtschaft
ist, was zugleich einen eventuellen Anstieg der kurzfristigen Zinsen erklärt,
hält Krugman fest.
Wenn
man davon ausgeht, dass die kurzfristigen Zinsen steigen, dann würden die
Anleihen, wenn alles andere gleich bleibt, weniger attraktiv. Es wäre daher besser,
das Geld zu parken und zuzuwarten, bis die Renditen wieder attraktiv werden.
Die Umschichtung des Portfolios würde wie folgt aussehen:
Eine
vereinfachte Welt mit drei Arten von Vermögenswerten, Graph: Prof. Paul Krugman
In
einem solchen Fall steigen die langfristigen Zinsen, aber weil der Anstieg
durch den wachsenden Optimismus im Hinblick auf die Zukunft angetrieben wird,
ist es schwer, zu sehen, wie es eine kontraproduktive Auswirkung auf die
Wirtschaft entfalten kann.
Im
Übrigen scheint die Argumentation von Krugman mit der von Brad DeLong im Widerspruch zu stehen. DeLong hat nämlich kürzlich
in seinem Blog argumentiert, dass der grosse Abstand zwischen den kurz- und
langfristigen Zinssätzen in den frühen 1990er Jahren die Markterwartungen
widerspiegelten, dass das Haushaltsdefizit höhere Inflation zur Folge hätte,
was wiederum die Fed veranlassen würde, die Zinsen zu erhöhen. Das mag schon
zutreffen, bemerkt Krugman dazu. Sollen aber solche Erwartungen einen Hemmschuh
für die Wirtschaft darstellen? Die nominalen Zinsen würden höher
tendieren als sonst. Aber die realen Zinsen würden tiefer liegen. Es ist
deshalb nicht einfach, eine eindeutige Geschichte zu erzählen, wo die
Auswirkungen eines in Zukunft erwarteten Haushaltsdefizits auf die Zinsen von
heute kontraktiv sein sollen.
Die
Angst ist aber heute ganz anders geprägt: Die Bond Vigilantes würden wegen der
Gefahr der Zahlungsunfähigkeit (default)
angreifen. Es käme zu einer allgemeinen Flucht aus Staatsanleihen wie in der
Abbildung dargestellt wird:
Eine
vereinfachte Welt mit drei Arten von Vermögenswerten, Graph: Prof. Paul Krugman
Wie
kommt es zum Tragen?
Zum
Beispiel im Fall von Griechenland,
wo der Wechselkurs fest ist oder nicht existiert, weil man nicht über die
eigene Währung verfügt. Was dann passiert, ist, dass sowohl die kurz- als auch
die langfristigen Zinsen steigen. Wie können aber die kurzfristigen Zinsen
kräftig zulegen, wenn es eine Beziehung zwischen dem Geldangebot und den
kurzfristigen Zinsen gibt? Das ist der Grund, warum die Zentralbanken die
kurzfristigen Zinsen festlegen. Die Antwort ist, dass das Geldangebot
zusammenbricht, weil das Geld das Land fluchtartig verlässt. So sieht die M1 (Geldaggregat)
Griechenlands aus:
Griechenland
M1, Graph: Prof. Paul Krugman Daten: Bank of Greece
Das
kann aber in den USA nicht passieren, wo die Fed das Geldangebot und die
kurzfristigen Zinsen unter Kontrolle hält. Was würde aber stattdessen
geschehen? Der Wechselkurs würde kräftig abstürzen. Und das hätte, wie Krugman
zu Recht hervorhebt, eine expansive Wirkung auf die US-Wirtschaft.
Fazit: Die Analogie mit Griechenland
versagt einfach kläglich. Der Unterschied ist, dass es, auch wenn die Bond
Vigilantes angreifen würden, die Wirtschaft auf kurze Sicht wahrscheinlich
ankurbeln würde.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen