(Nur für Streber)
David Beckworth liefert in seinem Blog zwei Abbildungen, um zu
zeigen, dass es keine Korrelation zwischen dem nominalen BIP-Wachstum und den
Staatsausgaben (sowie dem Haushaltsdefizit) gibt. Der an der Western Kentucky University in Bowling
Green lehrende Wirtschaftsprofessor fügt hinzu, dass die Diagramme Paul Krugman
bestimmt nicht gefallen werden.
Die
Abbildungen untergraben ernsthaft das Argument für antiyzklische Finanzpolitik
und legen einen sehr niedrigen Multiplikator
(fiscal multiplier) nahe. Und sie
zeigen auch, dass die Fed eine bemerkenswert gute Arbeit geleistet hat, das
nominelle BIP um rund 4,5% stabil zu halten. Geldpolitik scheint also im
Hinblick auf die Stabilisierung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage die
Fiskalpolitik zu übertrumpfen, erklärt Beckworth.
Noah Smith schreibt dazu in seinem Blog, dass Beckworths
Schlussfolgerung nicht unbedingt gültig ist und auf die Gefahr hindeutet,
falsche Schlüsse über strukturelle Variablen aus Korrelationen zwischen
makroökonomischen Aggregaten zu ziehen.
Angenommen,
die Nachfragesteuerung à la Keynes funktioniert perfekt. Das heisst, dass
Konjunkturprogramme (fiscal stimulus)
die Schwankungen im Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage perfekt
glätten können. In diesem Fall würde man erhebliche Schwankungen der
Fiskalpolitik beobachten, aber keine Schwankungen in Hinblick auf die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage.
Wenn
externe Schocks die Nachfragekurve (AD) nach oben verschieben, dann würde
kontraktive Fiskalpolitik die aggregierte AD-Kurve wieder zurückbringen. Wenn externe Schocks die aggregierte AD-Kurve
nach unten verschieben, dann würde expansive Fiskalpolitik die Kurve wieder
nach oben bringen.
Nominelles BIP-Wachstum im Vergleich mit Staatsausgaben, Graph: Prof. David Beckworth
Noah
meint also, dass die von Beckworth dargestellten Abbildungen keinen Bezug auf
externe Schocks nehmen und daher mit der Idee übereinstimmen, dass
Konjunkturprogramme wieder zurückgezogen werden, wenn die Wirtschaft sich nach
einem Abschwung wieder erholt.
Noah
sagt im Grunde genommen nicht explizit, dass Beckworth falsch liegt. Aber der
Multiplikator sei laut Noah gross. Die beiden Abbildungen sagen andererseits
nichts über die Grösse des Multiplikators aus.
Später
nimmt auch Paul Krugman in seinem Blog dazu Stellung. Zunächst hebt der an der University of Princeton lehrende Wirtschaftsprofessor hervor, dass
Noah Smith recht hat, Beckworth zu kritisieren. Noah vertritt nämlich die
Ansicht, dass die Fiskalpolitik endogen
ist und vom Zustand der Wirtschaft (state
of the economy) abhängt. Wenn die Konjunktur einzustürzen droht, verabschiedet
Washington ein Konjunkturpaket und der Fiscal Stimulus wird zurückgezogen, wenn
die Konjunktur sich erholt.
Aber
Krugman reagiert darauf irgendwie mit Achseln zucken. Denn es ist nichts Neues
dabei. Das alles wurde längst mehrfach gesagt und gezeichnet. Warum ist es
schwer, hierbei Fortschritte zu erzielen?
Was
dem Träger des Wirtschaftsnobelpreises nicht gut in Kram passt, ist, Noahs
Schlussfolgerung, dass wir im Grunde genommen darüber nichts wissen. „Nein, gute Ökonomen waren sich dieses Problems eine lange Zeit bewusst und sie lieferten
eine Reihe ernsthafte Forschungsarbeit im Hinblick auf die Geld- und
Fiskalpolitik“, widerspricht Krugman. Wie? Indem sie sich „natürliche Experimente“ (natural experiments) genauer anschauen.
Das heisst Fälle von grossen Veränderungen in der Wirtschaftspolitik
(wo die wirtschaftspolitischen Massnahmen die massgebliche Rolle spielen, mit
Bezug auf das, was geschieht), welche eindeutig keine Reaktion auf den Zustand
des Konjunkturzyklus darstellen, erklärt Krugman.
Als
Beispiele verweist Krugman auf die Arbeit von Milton Friedman und Anna
Schwartz im Hinblick auf die Geldgeschichte, wo es nicht einfach um
Korrelationen geht. Die Forschung stützt sich dabei auf eine narrative Methode,
zu zeigen, dass die monetären Schwankungen mehr oder weniger exogen gewesen sind. Man kann über die
Urteile von Friedman und Schwartz streiten, aber die Methode ist solide, betont
Krugman.
Aus demselben Grund stützten auch Christina
Romer und David Romer ihre
klassische Forschungsarbeit („Does Monetary Policy
Matter?“) im Hinblick auf die realen Auswirkungen der Geldpolitik auf die
von der Fed veröffentlichten Sitzungsnotizen (Fed minutes), um die hauptsächlichen Veränderungen der Geldpolitik
festzuhalten.
In
diesem Sinn bezieht sich eine ernsthafte Analyse der Fiskalpolitik viel auf „booms & busts“ von Staatsausgaben in
Kriegszeiten, welche bestimmt nicht als eine Antwort auf die Arbeitslosigkeit
erfolgen.
Wenn
man also die Auswirkungen der Fiskalpolitik in den vergangenen Jahren
analysieren will, soll man nicht auf relativ kleine Ereignisse schauen, sondern
z.B. auf die Austeritätspolitik in Europa, unterstreicht Krugman
weiter.
Die
Austeritätsmassnahmen heben zwei Eigenschaften aus Sicht der
Wirtschaftsforschung hervor: (1) Sie sind riesig. Die Austeritätsmassnahmen
machen in Griechenland 16% des BIP aus, was für die USA ein Äquivalent von
jährlich 2‘500 Mrd. $ bedeutet. (2) Sie haben hauptsächlich damit zu tun, wenn
es um Schwierigkeiten mit derm Marktzugang geht, nicht mit dem Zustand der
Wirtschaft. Das heisst, dass sie relativ exogen
sind. Nur relativ, weil man befürchten muss, dass die Austerität schliesslich nur
für Volkswirtschaften, die ohnehin in Schwierigkeiten wären, aufgezwungen wird.
Der IWF hat hierbei versucht,
korrigierend einzugreifen, mit Fokus auf Prognosefehler. Die Ergebnisse sind
jedoch ziemlich ähnlich, hält Krugman als Fazit fest.
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