Die Redaktion von Rupert Murdochs Wall Street hat ein einfaches Spiel: sie will die Steuern für die Reichen senken, die öffentliche Dienstleistungen für den Rest verringern und die Regulierung der Banken und der Umwelt abschaffen, schreibt Jeffrey Sachs in einem lesenswerten Artikel („How the Wall Street Journal Misleads About Federal Jobs“) in Huffington Post.
Die Redaktion unterstützt, wenn nötig, die von Steuerzahlern finanzierten Rettungsaktionen für die Wall Street und verdreht die Fakten im Dienste dieser Ziele, bemerkt der an der Columbia University lehrende Wirtschaftsprofessor mit Nachdruck.
Die neulich vom WSJ präsentierte Abbildung mit der Überschrift „Obama’s Growing Payroll“ ist ein perfektes Beispiel. Der Hauptinhalt des Leitartikels ist, dass Obama für einen massiven Anstieg der Staatsausgaben verantwortlich ist, was durch den massiven Anstieg der zivilen Mitarbeiter veranschaulicht werde. Die Grafik zeigt eine markante Zunahme der Mitarbeiter auf Bundesebene von 1,875 Mio. im Jahr 2008 auf 2,1 Mio. im Jahr 2011.
Anstieg der Beschäftigung im öffentlichen Sektor von 1,875 Mio. (2008) auf 2,1 Mio. (2011), Graph: Prof. Jeff Sachs
Das WSJ vernachlässigt die Tatsache, dass die heutige Anzahl von 2,1 Mio. Mitarbeitern identisch ist mit der Anzahl von Mitarbeitern von 1981, als die Reagan-Administration das Amt übernahm. Und das trifft auch für 1989 am Ende der Reagan Regierung und für 1993 am Ende der Bush Regierung. Die Zahl ist seither leicht zurückgefallen, mit einem Rückgang der zivilen Mitarbeiter im Verteidigungsministerium, ein Rückgang, der wahrscheinlich durch den Anstieg der privaten Rüstungsunternehmen (private defense contractors) ausgeglichen wurde, hebt der Berater der UNO für Milliennium Development Goals hervor. Es gibt also überhaupt keinen langfristigen Trend.
Das WSJ versucht jedoch endlos, das „Wachstum vom Staat“ als soziales Wohlfahrtssystem, welches Amok läuft, darzustellen. Der Leitartikel setzt voraus, dass der Präsident Obama durch den Aufbau von riesigen Wohlfahrt- und regulatorischen Programmen, was im „Boom“ von Mitarbeiter im Staatsdienst widerspiegelt werde, LBJ’s Great Society wiederhole. Wo aber erscheint dieser sog. „Boom“?
Anstieg der Beschäftigung im öffentlichen Sektor: Es gibt keinen langfristigen Trend, Graph: Prof. Jeff Sachs
Die Zunahme der Beschäftigung auf Bundesebene betrifft hauptsächlich die nationale Sicherheit: das Militär, innere Sicherheit und Justiz (einschliesslich der Gefängnisse, FBI, Drogenbekämpfung und dergleichen). Wohlfahrt und Sozialprogramme haben wenig damit zu tun, erklärt Sachs. Wenn wir den Anstieg von 225‘000 Arbeitsplätzen im öffentlichrechtlichen Sektor zwischen 2008 und 2011 analysieren, dann kommen wir zum folgenden Ergebnis: drei Viertiel entfällt auf Verteidigungsministerium (+84‘000), auf innere Sicherheit (+28‘000), auf die Justiz (+13‘000) und auf die Angelegenheiten von Veteranen (+45‘000).
Das gesamte Argument des WSJ ist natürlich ein Ablenkungsmanöver, da der Anstieg um 225‘000 Arbeitsplätze 0,0017% der Beschäftigung (ausserhalb der Landwirtschaft) von 131 Mio. Arbeitnehmern darstellt. Die gesamte Belegschaft des Bundes macht nur 1,6% der Beschäftigung ausserhalb der Landwirtschaft aus. Das WSJ nimmt winzige Schwankungen und macht sie zu einem föderalen Fall, für propagandistische Zwecke.
Die tatsächliche Bedeutung ist, dass der Bund (federal government) sich zurückbildet, was den Anteil an der Beschäftigung ausserhalb der Landwirtschaft betrifft: von 2,3% im Jahr 1981 auf 1,6% im Jahr 2011.
Die grosse Lüge unterer Zeit ist laut Sachs, dass das Wachstum des Staates ausser Kontrolle gerät. Was die Dienstleistungen der öffentlichen Hand betrifft, schrumpft der Staat, unabhängig davon, welche falschen Zahlen das WSJ zugrundelegt.
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