Antonio Fatas, der kürzlich an der Ökonomentagung in Chicago teilgenommen hat, war beauftragt, die Forschungsarbeit („The Liquidation of Government Debt“) von Carmen Reinhart und Belen Sbrancia zu analysieren.
Die Autoren stellen einen historischen Rückblick von Episoden vor, in denen Staaten auf ihre Schuldtitel weniger Zinsen als marktübliche Zinssätze zahlten. Diese Verringerung der finanziellen Aufwendungen kann demnach als eine Einnahmequelle angesehen werden, was dazu beitrug, die Schulden unter Kontrolle zu halten oder zu reduzieren, erklärt Fatas.
Die Forschungsarbeit konzentriert sich auf die Zeitperiode (vor 1980er Jahre), wo die Realzinsen auf Staatsanleihen negativ waren, hebt Fatas in seinem Blog hervor. Reinhart und Sbrancia verweisen auf die pre-1980-Periode als das Zeitalter der finanziellen Repression (financial repression), weil die Realzinsen im Durchschnitt negativ waren, angetrieben durch das Verhalten während der Zeitperiode 1945-1955 und Anfang der 1970er Jahre.
Durchschnittliche ex-post Realzinsen auf US-Treasury Bonds, Industrieländer und Entwicklugnsländer (1945-2009), 3 Jahre gleitenden Durchschnitte, Graph: Carmen Reinhart und Belen Sbrancia in: “The Liquidation of Government Debt”
Finanzielle Repression stammt aus zwei Quellen: (1) Regulierung der Finanzmärkte (d.h. Obergrenzen für Zinssätze, rechtliche Rahmenbedingungen, die das Halten von Staatsanleihen durch die institutionellen Investoren begünstigen), und (2) Überraschungen im Hinblick auf die Inflation.
Eine schnelle Ausrechnung zeigt die Wichtigkeit dieses Kanals während der Zeitperiode von 1945-1980. Zum Beispiel erlaubten die negativen Realzinsen für die USA und Grossbritannien eine Reduzierung der Staatsverschuldung im Wert von 2-3% des BIP pro Jahr, legt Fatas dar. Das ist v.a. im Verhältnis der Steuereinnahmen zum BIP keine unerhebliche Menge. Es hat damals 14% der Steuereinnahmen der USA ausgemacht.
Die Autoren erwarten in den kommenden Jahren eine ähnliche Entwicklung. Eine Kombination aus finanzieller Repression (Regulierung, Masshalteappelle) und eine Inflation, die zu negativen Realzinsen führen könnte.
Deutschland hat gestern erstmals eine Staatsanleihe mit Negativ-Zinsen (nominal!) ausgegeben. Das ist keine finanzielle Repression, weil es um (a) Risikoaversion, (b) Flucht in Qualität und (c) eine Reaktion auf das Geschehen an der EU-Peripherie geht. Es hat aber die gleiche Auswirkung auf Deutschland, betont der an der INSEAD lehrende Wirtschaftsprofessor: Deutschland finanziert seine Schulden mit Negativ-Zinsen, was einer der Vorteile der Gemeinschaftswährung für die deutsche Wirtschaft darstellt.
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