Mittwoch, 11. Januar 2012

Expansive Sparpolitik lastet auf Deutschlands Wirtschaftswachstum

Die deutsche Wirtschaft ist im vierten Quartal 2011 um 0,25% geschrumpft. Damit mehren sich die Anzeichen, dass Deutschland in eine Rezession zu rutschen droht.

Hintergrund ist die expansive Sparpolitik. Wenn alle Wirtschaftssubjekte in einer schweren Rezession gleichzeitig sparen, geht die Rechnung nicht auf. Die Staaten können nämlich nicht wie private Haushalte sparen. Das Sparen einer schwäbischen Hausfrau ist m.a.W. nicht wie das Sparen einer Volkswirtschaft.

Spart eine Volkswirtschaft stark, stürzt die Konjunktur ab. Und die Steuereinnahmen fallen weg, weil Staatseinnahmen nicht gegeben sind. Wenn der Staat also seine Ausgaben kürzt, fallen auch seine Einnahmen.

Setzt Deutschland die Sparpolitik fort, mit Druck auf die EU, eine neue Schuldenbremse für die Länder der Eurozone umzusetzen (Merkel’s Austerity Union), drohen Deflation und Depression für die nächsten 10 bis 15 Jahre.

Bemerkenswert ist, dass die rigorose Sparpolitik (fiscal austerity) nicht vom Markt diktiert wird. Ganz im Gegenteil: Wie der Ausgang der Geldmarktauktion für Bubills mit 6 Monaten Laufzeit mit einer Negativ-Rendite von 0,01223% nahelegt, stellt die Kreditaufnahme durch die öffentliche Hand zur Zeit kein Problem dar.

Die Besessenheit der Euro-Technokraten von Defizitabbau in einem depressiven Umfeld der Wirtschaft ist daher völlig abwegig. Auch die Bedenken im Hinblick auf Inflation sind unbegründet, wenn Deutschland sich zu negativen Zinsen Geld leihen kann. Der Kern des Problems in der Eurozone ist nicht eine mangelnde Fiskaldisziplin, sondern Ungleichgewichte im Aussenhandel.

Wie soll es aber weiter gehen? Die wirtschaftlich angeschlagenen EU-Länder können die Gemeinschaftwährung nicht abwerten, weil der Euro nicht ihre Landeswährung ist. Sie dürfen die Notenpresse nicht anwerfen, weil es die Kompetenz der EZB betrifft. Eine Umstrukturierung der Schulden wird von Deutschland nicht akzeptiert. Was sieht aber die Lösung aus? Euro-Austritt?

1 Kommentar:

Nix hat gesagt…

Neuere wissenschaftliche Ansätze gehen noch weiter. Sie definieren die volkswirtschaftliche Nachfrage als Summe der Staatsnachfrage, des Einkommens plus der Nettokreditaufnahme des privaten Sektors. Die Kreditaufnahme ist dabie das gleiche wie die Änderung Verschuldung, nur anderes Vorzeichen.

Während der Konsumsektor sein Einkommen direkt aus der Nachfrage der Vorperiode bestimmt, kann die Staatsnachfrage und die Nettokreditaufnahme der Privaten sich rein aus den Kreditvergaben der Banken konstituieren, die bei einer Kreditvergabe Giralgeld schöpfen (rein bilanzverlängernt). Anschaulich gehe ich zur Bank, bekomme einen Kredit, diesen auf mein Girokonto gutgeschrieben, und kann damit Einkaufen gehen.

Die Nettokreditaufnahme von Staat und privaten Haushalten ist also (mit-)entscheidend für das Wirtschaftswachstum.

Momentan schrumpfen beide Bereiche parallel, die Kreditaufnahme vom Staat und die Kreditvergabe der Banken an Konsumenten und Privatwirtschaft.

(Analytisch stellt sich das etwa so dar:

Income + Delta(Debt) = Output
Y + dD/dt = GDP

wobei D die Kreditafnahme vom Staat und Privaten ist. Die Erste Ableitung der Gleichung ist:

dY/dt + d2D/dt2 = dGDP/dt

Die Änderung des GDP (=Wachstum) ist also Abhängig von der Änderung der Neuverschuldung.)

Aus einer anderen Sicht kommt Richard Koo von Nomura in einem Beitrag bei Peacon (http://rwer.wordpress.com/2011/12/12/rwer-issue-58-richard-koo/) zum selben Ergebnis. Er redet von einer Balance-Sheet Depression in Japan, ausgelöst durch Bilanzverkürzungen des Finanzsektors.

Leider ist die vorherrschende Meinung, man müsse ausgerechnet in der Krise prozyklische Politk betreiben, alles andere wird sofort als Keynsianisch diskreditiert. Das Ergebnis ist offensichtlich.