Dienstag, 10. Januar 2012

Deutschland vor Deflation

Während die Bundesregierung in Europa eine Staatsschuldenkrise sieht und deshalb Schuldenabbau fordert, diskutiert eine Mehrzahl der Mainstream-Ökonomen beharrlich über eine Inflationsgefahr.

Das merkwürdige Ergebnis der deutschen Geldmarkt-Auktion (6 Monate Laufzeit) mit einer Negativ-Rendite am Montag legt aber nahe, dass die Bedenken im Hinblick auf eine Inflationsgefahr unbegründet sind. Die Besessenheit der Euro-Technokraten von Abbau des Haushaltsdefizits ist daher ungerechtfertigt.

Es liegt auf der Hand, dass auch die von der EZB verfolgte Geldpolitik mit Fokus auf die Inflation in einem depressiven Umfeld der Wirtschaft der Erholung der Konjunktur einen Bärendienst erweist.  

Kein Wunder, dass die Eurozone vor diesem Hintergrund, während die Wirtschaft sich in den USA, wenn auch sehr langsam, erholt, und China ein soft-landing gelingt, allmählich in eine Deflation und Depression abrutscht. Denn wenn alle jetzt mitten in einer schweren Rezession sparen müssen, funktioniert es nicht. Staaten können nämlich nicht wie private Haushalte sparen.


Deutschland Breakeven-Satz (5 Jahre), Graph: Bloomberg

In diesem Zusammenhang betrachtet Mohamed El-Erian in einem lesenswerten Artikel („Germany should beware of celebration negative yields“) in FT die negativen Renditen am deutschen Geldmarkt zu Recht als Vorbote der Deflation.

„Einige Deutsche könnten versucht sein, die billige Finanzierungsquelle zu begrüssen. Aber bevor zu viel gefeiert wird, würden sie gut daran tun, die Ursachen und die Auswirkungen in Erwägung zu ziehen“, argumentiert El-Erian.

Deutscher Jubel für die Kreditaufnahme zu negativen Zinssätzen sollte durch die Wirklichkeit gemässigt werden, dass Europa einen beschleunigten Rückzug des privaten Sektors aus dem wirtschaftlichen Integrationsprojekt der Region erlebt. Dies untergräbt das Wachstum und die Beschäftigung und verlagert mehr Last auf die Steuerzahler, argumentiert der co-CIO von Pimco.

Die Überschussländer (im Wesentlichen Deutschland, aber auch andere wie Finnland und die Niederlande) sowie die EZB werden laut El-Erian unter mehr Druck von aussen geraten, um mit mehr aus ihren soliden Bilanzen für den mit dem Schuldenabbau (deleveraging) beschäftigten Privatsektor an die Stelle zu treten. Inzwischen werden die Schuldnerländer voraussichtlich in Sachen Sparmassnahmen mehr unternehmen müssen, womit interne Spannungen erschwert und sowohl tatsächliches als auch potenzielles Wachstum geopfert werden.

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