Montag, 9. Januar 2012

Negative Rendite für deutsche Bundesanleihen

Wie die EZB heute mitgeteilt hat, sind die Einlagen der Banken, die sie über Nacht bei der EZB parken, auf den höchsten Stand seit der Einführung des Euro im Jahr 2009 gestiegen: 463,5 Mrd. Euro.

Die Banken vergeben i.d.R. die überschüssige Liquidität als Kredit auf dem Interbankenmarkt aneinander. Da das Misstrauen der Banken untereinader im Sog der Euro-Krise zugenommen hat, leihen sie die Liquidität über Nacht bei der EZB zu einem Zinssatz von 0,25% aus. Würden sie die Gelder am Interbankenmarkt verleihen, würden sie eine Verzinsung von 0,369% (Eonia) erhalten.

Auf der heutigen Auktion (*) von Schatzwechseln (3,9 Mrd. Euro) mit 6 Monaten Laufzeit hat sich eine Rendite von Minus 0,0122%. Die Nachfrage hat dabei das Angebot um das 1,8-fache überstiegen. Zur Erinnerung: Auch auf der Versteigerung von inflationsgeschützten deutschen Bundesanleihen mit 7 Jahren Laufzeit hatte sich im November eine Rendite von Minus 0,4% herausgebildet.

Das bedeutet, dass die Investoren der Finanzagentur in Frankfurt praktisch eine Art Gebühr für die Aufbewahrung ihrer Gelder entrichten.


Stress am Geldmarkt, Indikatoren-Vergleich zwischen den USA, dem Euro-Raum, Grossbritannien und Schweden, Graph: Morgan Stanley

Die Risikoprämie wird in der Abbildung als die Differenz zwischen dem 3-Monats-Interbankzinssatz und dem OIS-Swap Satz dargestellt.

Fazit:

Das bedeutet in der Tat, dass die Finanzmärkte mehr Kreditaufnahme durch die öffentliche Hand begrüssen. Die Besessenheit der Euro-Technokraten mit Haushaltsdefizit ist vor diesem Hintergrund vollkommen fehl am Platz. Wenn Deutschland sich zu negativen Zinsen Geld leihen kann, sind die Bedenken im Hinblick auf "eine um die Ecke lauernde Inflation" unbegründet. Auch die Geldpolitik der EZB mit Fokus auf die Inflation ist in diesem depressiven Umfeld der Wirtschaft abwegig.

PS:

Auch in der Schweiz sind die Geldmarktzinsen negativ, weil sichere Geldmarktpapiere in Krisenzeiten als sichere Zufluchtsorte gelten. Die Rendite der schweizerischen Staatsanleihen mit 2 Jahren Laufzeit beträgt heute Minus 0,0551%.

PPS:

EOINA ist der Referenz-Zins für OIS (overnight indexed swap rate). OIS ist der Zinssatz für ein Derivat auf den Tagesgeldsatz. EONIA liegt heute deutlich niedriger als der Leitzins. Die EZB versucht i.d.R., diesen Satz nahe am Leitzins zu halten.

(*) Eine technische Bemerkung:

Die Bundesbank hat kürzlich eine kleine Änderung (hat tip to FT Alphaville) vorgenommen, was die Durchführung von Bundesanleihen-Auktionen betrifft. Nach Angaben der deutschen Bundesbank dürfen bei Versteigerungen auch Gebote in Bezug auf den Preis (d.h. Kurse, also nicht nur in Bezug auf die Rendite) abgegeben werden, was im Grunde genommen negative Rendite zulässt.

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