Samstag, 3. Dezember 2011

Warum brauchen europäische Banken US-Dollars?

Die koordinierten Massnahmen, die die sechs führenden Zentralbanken am Mittwoch angekündigt haben, haben zum Ziel, Anspannungen an den Finanzmärkten entgegenzuwirken. Die Zentralbanken haben angekündigt, dem globalen Finanzsystem gemeinsam Liquidität zuzuführen. Die koordinierten Massnahmen sehen im Einzelnen wie folgt aus:

(1) Die Zinssätze für die bestehenden, befristeten Liquiditäts-Swap-Abkommen (siehe hier) in US-Dollar werden von 100 Basispunkten auf 50 Basispunkte gesenkt. Konkret: Overnight Index Swap (OIS) + 50 Basispunte.

(2) Die Swap-Abkommen werden bis zum 1. Februar 2013 verlängert.

(3) Die EZB senkt zudem ihrerseits die Initial Margin von 20% auf 12%.

Die naheliegende Frage, die sich hierbei stellt, ist, warum ausländische Banken US-Dollar brauchen?

Binyamin Appelbaum erklärt in einem lesenswerten Artikel (“Why the foreign banks need dollars?”) in NYT, dass ausländische Banken die Dinge mögen, die sich mit US-Dollars kaufen lassen.


Basis Swaps zwischen Euro und US-Dollar, Graph: Laurence Mutkin, Morgan Stanley


Die Banken investieren gern in US-Treasury Bonds, die Banken vergeben Kredite an US-Unternehmen und die Banken kaufen gern US-Hypotheken sowie Derivate, die auf US-Hypotheken basieren.

Die Bankbestände in ausländischen Vermögenswerten legten laut Bank for International Settlements (BIS) von 11‘000 Mrd. $ im Jahre 2000 auf 31‘000 Mrd. $ Mitte 2007 zu. Europäische Banken haben dabei das grösste Wachstum aufgewiesen. Und das Wachstum konzentriert sich auf in Dollar denominierten Vermögenswerte. Am Vorabend der Finanzkrise (2008) überstieg das US-Dollar-Exposure der europäischen Banken 8‘000 Mrd. $.

Viele dieser Investitionen sind jedoch kurzfristig finanziert. Einer Forschungsarbeit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zufolge haben europäische Banken einen kurzfristigen Finanzierungsbedarf zwischen 1‘100 und 1‘300 Mrd. $.

Die Banken haben dieser Gelder zum grössten Teil im Inland eingesammelt und dann damit US-Dollar durch Währungsswaps (foreign-currency swap) gekauft.

Die Zuspitzung der Finanzkrise ist v.a. auf die Einstellung der Bereitstellung der kurzfristigen Finanzierungsmöglichkeiten durch die Investoren für die Banken zurückzuführen.


Refinanzierungskosten in Euro via EZB (Dollar Tender) versus direkt am Markt (EONIA), Graph: Laurence Mutkin, Morgan Stanley

Die europäischen Banken haben es in den vergangenen Wochen wieder schwer gehabt, sich in US-Dollar Liquidität zu beschaffen. Der Grund ist das zunehmende Misstrauen zwischen den Banken, sich gegenseitig Geld zu verleihen. Das erkennt man am sog. Libor-OIS-Spread (siehe hier), der sich zuletzt deutlich ausgeweitet hat. Der Overnight Index Swap (OIS) Satz, der als Mass für Risiko und Liquidität am Interbankenmarkt (wholesale money market) gilt, ist der Zinssatz für ein Derivat auf den Tagesgeldsatz. Die Parteien tauschen beim OIS (im Gegensatz zu 3-Monats-Zins) nur Zinszahlungen aus: ein fester Zinssatz gegen einen varibalen Zinssatz. Der Spread lag am Mittwoch, den 30. November bei 98 Basispunkten.

Im Sog der Finanzkrise in der Eurozone halten sich die amerikanischen Banken am Geldmarkt zurück, an die europäischen Banken Geld zu leihen. Das heisst zum Beispiel, dass (a) die amerikanischen Geldmarktfonds immer weniger Staatsanleihen aus der Eurozone kaufen und (b) die amerikanischen Banken Staatsanleihen aus der Eurozone immer weniger als Sicherheiten (collateral) für die Kreditvergabe akzeptieren.

Die Cross Currency Basis Swaps für 3-Monate gelten als das Risikomass für die Refinanzierungsgeschäfte in US-Dollar. In diesem Swap Geschäft tauschen die Banken Gelder (US-Dollar und Euro) zum aktuellen Wechselkurs, mit der Vereinbarung sich gegenseitig Zinsen für die Laufzeit des Geschäftes zu zahlen. Die europäische Banken müssen seit geraumer Zeit einen Abschlag auf Euro-Verzinsung in Kauf nehmen. Da aber die Banken zugleich die volle Summe für die Aufnahme des Kredits in US-Dollar zahlen müssen, verteuern sich die Refinanzierungskosten. Nun sorgen die Zentralbanken mit Swap Abkommen dafür, dass die Banken einfacher an die Währungskredite herankommen. Die Kosten der Kreditvergabe in US-Dollar werden dadurch (ausserhalb der USA) verringert. 

PS: Die Cross Currency Swaps sind am Tag der Ankündigung der koordinierten Massnahmen der Zentralbanken von 160 auf 120 Basispunkte gefallen. Und dann sind sie aber wieder auf 140 Basispunkte gestiegen. 

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