Was für einen Unterschied ein Jahr ausmacht.
„Wir begannen 2011 in einem Erholungsmodus, zwar schwach und unausgeglichen, aber dennoch gab es Hoffnung. Doch als das Jahr sich dem Ende neigt, ist die Erholung in vielen entwickelten Volkswirtschaften zum Stillstand gekommen, wobei einige Investoren sich bereits mit den Auswirkungen eines möglichen Auseinanderbrechens der Euro-Zone befassen, dass die Bedingungen sich verschlimmern werden als wir sie im Jahr 2008 gesehen haben“, schreibt Olivier Blanchard in einem Rückblick für 2011 („Four Hard Truths“) im Blog von IWF.
Der Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF) zieht daraus vier Lehren:
(1) Die Weltwirtschaft ist nach der Krise 2008/2009 mit multiplen Gleichgewichten schwanger: sich selbst verstärkende Ergebnisse von Pessimismus und Optimismus, mit wichtigsten makroökonomischen Implikationen.
(2) Unvollständige oder partielle wirtschaftspolitische Massnahmen, die die Dinge verschlimmern.
(3) Finanzinvestoren sind schizophren, was die Haushaltskonsolidierung und das Wachstum betrifft.
(4) Wahrnehmung gestaltet die Realität.
Setzen Sie diese vier Faktoren zusammen und Sie können erklären, warum das Land viel schlimmer endet, als es angefangen hat.
Ist alle Hoffnung also verloren?
Nein, aber die Erholung wieder auf Kurs zu bringen, wird schwerer als vor einem Jahr. Es bedarf glaubwürdiger, aber realistischer Pläne zur Haushaltskonsolidierung. Es bedarf der Bereitstellung von Liquidität, um multiple Gleichgewichte zu vermeiden. Es bedarf Pläne, die nicht nur angekündigt, sondern auch umgesetzt werden. Und es ist eine viel effektivere Zusammenarbeit aller Beteiligten notwendig, bemerkt Blanchard.
Er sei zuversichtlich, dass dies passieren wird. Die Alternative sei einfach zu unattraktiv, fasst IWF-Chefökonom zusammen.
Paul Krugman bemerkt dazu in seinem Blog, dass es mindestens eine internationale Institution gibt, die weniger Sparpolitik-wahnsinnig ist als die anderen.
Mit dem Hinweis auf den Punkt (3) unterstreicht Krugman, dass Blanchard darauf hindeutet, dass rigorose Sparmassnahmen buchstäblich selbstzerstörerisch sind und die Wirtschaft so sehr belasten, dass sich die fiskalischen Aussichten verschlechtern.
So steht es im Punkt (3) im Einzelnen zu lesen:
„Sie reagieren positiv auf die Nachricht über die Haushaltskonsolidierung. Aber dann reagieren sie später negativ, wenn die Konsolidierung zu weniger Wachstum führt, was öfters der Fall ist. Einige vorläufige Schätzungen des IWF legen nahe, dass es für die gemeinsame Wirkung der Haushaltskonsolidierung und des damit verbundenen Wachstums nicht grosse Multiplikatoren braucht, am Ende zu einem Anstieg, nicht einem Rückgang, der Risikozuschläge für Staatsanleihen zu führen. Soweit, dass die Regierungen glauben, auf die Märkte zu antworten, dürften sie veranlasst sein, zu schnell zu konsolidieren, auch aus der engen Sicht der Schuldentragfähigkeit“.
Die Sparpolitik (fiscal austerity) verringert die Wachstumsaussichten, was zu Aufrufen nach mehr Sparmassnahmen führt, hebt Krugman als Fazit aus Blanchards Zusammenfassung hervor.
Blanchard hat in der Vergangenheit höhere Inflationsziele und eine aggressivere wirtschaftspolitische Massnahmen befürchwortet, ruft Mark Thoma in seinem Blog in Erinnerung. Der an der University of Oregon lehrende Wirtschaftsprofessor bezweifelt, dass es ein Zufall ist, dass diese nun aus seinen Kommentaren ausgelassen werden. Aber es gibt vage Hinweise darauf, wie z.B. „ohne ausreichende Liquiditätsversorgung zu gewährleisten, dass die Zinsen angemessen bleiben,ist die Gefahr da“. Thoma denkt, dass es eine grosse Lehre gibt, die daraus zu ziehen ist, was passieren kann, wenn eine Zentralbank sich weigert, als lender of last resort zu agieren.
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