Kommt die Rezession zurück oder nicht? Während angesichts der jüngsten Konjunkturdaten immer öfters das Wort „double-dib“ ausgesprochen wird, schwenkt die Euro-Zone auf einen rigorosen Sparkurs ein. Es gibt ein unbekanntes Problem bei diesem Ansatz, schreiben Yves Smith und Rob Parenteau in einem lesenswerten Essay („Are Profits Hurting Capitalism?“) in NYT. Defizitabbau hat Auswirkungen auf den privaten Sektor. Höhere Steuern ziehen das Geld aus Haushalten und Unternehmen, während geringere Staatsausgaben der Wirtschaft das Geld entnehmen. Das verschlimmert die Lage, da die Unternehmen bereits weniger Gewinne aus ihrem Geschäft erwirtschaften. In den vergangenen anderthalb Jahrzehnten haben Unternehmen weniger in das eigene Unternehmen investiert und mehr gespart, bemerken die Autoren.
Ein Bericht von JPMorgan Research aus dem Jahr 2005 stellt mit Besorgnis fest, dass amerikanische Unternehmen seit 2002 im Durchschnitt einen netto Finanzüberschuss (financial surplus) von 1,7% des BIP aufweisen. Das ist ein drastischer Wandel gegenüber den früheren 40 Jahren, als dieser Wert im Durchschnitt ein Defizit ergab und 1,2% des BIP betrug, halten Smith und Parenteau fest. Neuere Studien verweisen darauf, dass Unternehmen in Europa, Japan und China ebenfalls beispiellose Überschüsse aufweisen. Der Grund für die Ersparnisse in den USA ist, dass öffentliche Unternehmen von Quartalsergebnissen bessesen geworden sind, erklären die Autoren. Um kurzfristige Gewinne zu zeigen, vermeiden sie Investitionen in zukünftiges Wachstum. Um neue Produkte zu entwickeln, um neue Ausrüstung zu kaufen oder geographisch zu expandieren, muss ein Unternehmen Geld ausgeben: Für Marktforschung, Produkt-Design, Entwicklung von Prototypen, Rechtsschutzversicherung im Kontext mit Patenten usw. Anstatt sich dafür Kosten aufzuladen, bevorzugen Unternehmen zunehmend, ihre Führungskräfte mit exorbitanten Prämien zu vergüten oder spezielle Dividenden auszuzahlen oder sich auf reine finanzielle Spekulationen einzulassen. Das bedeutet aber ein Kurzschluss eines wichtigen Motors für das Wirtschaftswachstum, betonen Smith, die Autorin des kürzlich erschienenen Buches „Econned: How Unenlightened Self-Interest Undermined Democracy and Corrupted Capitalism“ und Parenteau, ein Finanzberater und der Editor von „The Richebächer Letter“.
Manche mögen argumentieren, dass Unternehmen nicht in Wachstum investieren, weil die Erfolgsaussichten so arm sind, schreiben die Autoren weiter. Die Unternehmensgewinne sind aber fast auf dem Weg zurück zu ihrem Höhepunkt kurz vor der globalen Finanzkrise. Ein anderes Problem für die Wirtschaft ist, dass, sobald die Krise ausbrach, Familien und Einzelpersonen begonnen haben, die Gürtel enger zu schnallen oder Schulden zurückzuzahlen (eine andere Form des Sparens). Was passiert aber, wenn eine Regierung ein Sparprogramm verkündet? Das Einkommenswachstum würde zum Stillstand kommen und Haushalteslöhne und Unternehmensgewinne würden fallen, erläutern die Autoren. Das mag sich für die USA nicht so schlecht anhören, da niedrigere Löhne und Preise amerikanische Güter im Ausland konkurrenzfähiger gestalten würden. Aber sinkende Einkommen machen es für Menschen schwieriger, ausstehende Darlehen zu bedienen. Kommt es zu Kreditausfällen und Konkursen, wird es im Finanzsystem noch strenger, Kredite zu bekommen. Letztendlich besteht die Gefahr, dass Deflation (fallende Löhne und Preise) wie Schneeball in eine Depression mündet. Entscheidungsträger müssen Anreize für Unternehmen schaffen, anstatt einem Sparkurs zu folgen, damit Unternehmen ihre Gewinne in operative Geschäfte reinvestieren. Eine Möglichkeit wäre, eine aggressive Steuer auf einbehaltende Gewinne zu erheben, wenn sie innerhalb von zwei Jahren nicht reinvestiert werden. Eine andere Möglichkeit wäre, eine Steuer auf den Umsatz von Finanzinvestitionen von Unternehmen zu verhängen, welche die Kosten für spekulative Geschäfte mit einbehaltenen Gewinnen erhöhen würde, so Yves Smith und Rob Parenteau.
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