Die EZB wird nächste Woche am Mittwoch zum ersten Mal langfristige Repo-Geschäfte (als fixed rate tender) ausschreiben. Es handelt sich dabei um eine LTRO (longer-term refinancing operation) mit 3 Jahren Laufzeit.
Die Banken dürften sich bisher bis zu 12 Monaten Geld borgen. Als Referenzsatz gilt der gegenwärtige Leitzins. Heute beträgt der Satz für main refinancing operations 1,0 Prozent.
Händler am Anleihemarkt sprechen bereits von „Sarko Trade“. Warum? Der jüngste EU-Gipfel war eine Katastrophe. Danach hat die EZB die eben genannte LTRO angekündigt. Der französische Staatspräsident Nicholas Sarkozy hat gedoppelt: „Dies bedeutet, dass jeder Staat sich an seine Banken wenden kann, die Liquidität zur Verfügung stellen werden“. Sarkozy hat m.a.W. europäische Banken aufgerufen, mit dem von der EZB geliehenem Geld europäische Staatsanleihen zu kaufen, und zwar so, dass beispielsweie spanische Banken spanische Staatsanleihen erwerben.
Der „Sarko Trade“ würde so vonstatten gehen: Banken in der Eurozone leihen sich das Geld zu 1% bei der EZB, indem sie entsprechende Sicherheiten hinterlegen. Wie der Zufall es will, werden Staatsanleihen als Sicherheiten (wenn auch mit Abschlag, d.h. haircut) angenommen. Die Banken kaufen dann kurzfristige Staatspapiere z.B. Italiens und stecken die Differenz zwischen dem Satz von 1% (zu dem sie das Geld bei der EZB aufnehmen) und der Rendite (zwischen 5% und 7%), die die Staatsanleihen abwerfen. Die zurückbehaltenden Erträge verbessern die Situation der Banken. Die Regierungen finden Abnehmer für ihre Papiere. Und die EZB sorgt dafür, die Krise (collateral crunch, siehe auch hier) am Interbankenmarkt zu entspannen.
Ende gut, alles gut? Mitnichten. Der „legale Trick“ der EZB erinnert erstens an die Repo-Geschäfte des in Konkurs geratenen Unternehmens MF Global von Jon Corzine. Seine Strategie „repo-to-maturity“ war kein Geistesblitz (siehe hier und hier).
Die grössere Sorge ist aber zweitens, dass die europäischen Staats- und Regierungschefs einen der ursprünglichen Fehler, der in erster Linie zu der Euro-Krise geführt hat, wiederholen, wie die FT schildert. Die Banken und Versicherungsgesellschaften waren mehr oder weniger gezwungen, bis auf die Decke Staatsanleihen zu kaufen. Die anfängliche Belastung mit Staatsanleihen kam durch die Regulierung („Basel II“), die Banken erlaubt hat, kein Kapital gegen Staatsanleihen auf die Seite zu legen, weil Staatsanleihen als risikofrei galten.
Sarkozys Aufruf an die Banken deutet ausserdem darauf hin, was von Carmen Reinhart als „financial repression“ bezeichnet wird. Das ist nämlich dann der Fall, wenn die Regierungen versuchen, die Verschuldungszinsen künstlich niedrig zu halten, indem sie inländische Investoren zwingen, eigene Staatspapiere zu kaufen. Was zur Zeit auffällt, ist aber, dass die Banken sich seit geraumer Zeit im hohen Tempo von Staatsanleihen aus finanzschwachen EU-Ländern trennen.
Die Banken scheinen eher die Ansicht zu vertreten, dass es viel klüger wäre, die EZB-Darlehen zu verwenden, um die eigenen Gläubiger zu bedienen, als darauf zu spekulieren, dass die EU-Länder am Schluss ihre Staatspapiere bedienen würden.
Während Anleihen fällig werden und die meisten Finanzunternehmen nicht in der Lage sind, sich zu refinanzieren, benötigen Banken Liquidität, um über die Wand der Refinanzierung zu klettern. Banken müssen also Schulden abbauen (deleveraging) und nicht wieder Schulden aufbauen (re-leveraging), bemerkt IFF in einem aktuellen Kommentar. Es bleibt also ein Wunschdenken, dass die Banken wieder stapelweise Staatspapiere kaufen würden.
Es geht im Grunde genommen gar nicht darum, dass irgendjemand die notleidenden Staatsanleihen in der Eurozone kauft, sondern jemand, d.h. eine Institution, die die Anleihen kauft und bereit ist, die Verluste daraus zu tragen. Das kann nur die EZB als lender of last resort. Es geht schliesslich um ein Solvenz-Problem, welches sich aus der sich selbst verstärkenden Abwärtsspirale in der Eurozone entwickelt hat.
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