Die Debatte über die Wirtschaftstheorie der Ricardianischen Äquivalenz setzt sich in Amerika fort. Der Ansatz besagt Folgendes: Wenn der Staat die Steuern senkt, und damit sein Defizit erhöht, dann rechnen die Verbraucher damit, dass sie später höhere Steuern zahlen müssen, um die Verschuldung der öffentlichen Hand zu bedienen. Daher erhöhen sie ihre Ersparnisse, um den Rückgang des staatlichen Sparens auszugleichen. Die Mehrzahl der Ökonomen sind sich jedoch einig, dass die Ricardianische Äquivalenz von keiner praktischen Relevanz ist. Paul Krugman hält den Ansatz für eine „schlechte Idee“. Genau wie „crowding out“, dass durch staatliches Handeln privatwirtschaftiche Aktivitäten verdrängt werden, gebe es ein Missverständnis von der Ricardianischen Äquivalenz. Menschen führen Beweise aus den Perioden, wenn die Wirtschaft bei weitem nicht auf die Null Untergrenze (zero lower bound) gestossen ist, beschreibt Krugman in seinem Blog. Wäre die Liquiditätsfalle noch neu, wäre das Missverständnis vielleicht verzeihlich, aber die Liquiditätsfalle existiert bereits seit 2 ½ Jahren, so Krugman.
Wie Paul Krugman liefern nun auch Antonio Fatas (hier) und Nick Rowe (hier) neue, lesenswerte Beiträge nach. Stephen Williamson (h/t Mark Thoma) schreibt hingegen in seinem Blog, dass ein Hardcore-Keynesian möchte, dass wir denken, dass die Ricardianische Äquivalenz eine ziemlich fadenscheinige Idee ist. Aber es ist nicht, so Williamson. Das ist eine Ansicht. Es gibt aber eine andere Ansicht z.B. von David Romer. Ob Romer ein Hardcore Keynesian ist oder nicht, mag hier dahin gestellt sein. Aber in seinem Lehrbuch steht zu lesen, worauf Mark Thoma hinweist, dass es wenig Grund gibt anzunehmen, dass die Ricardianische Äquivalenz eine praktische Relevanz liefert. Die Frage, ob die Ricardianische Äquivalenz eine gute Annäherung an die Praxis darstellt, hängt eng mit der Frage zusammen, ob die permanent-income Hypothese eine gute Beschreibung des Verbraucherverhaltens darstellt, erklärt Romer.
„Die Ricardianische Äquivalenz geht von vielen Annahmen aus. Aber Vollbeschäftigung zählt nicht dazu“, bemerkt Nick Rowe. Daher sei er mit Antonio Fatas, der an die Annahme glaubt, nicht einverstanden, so Rowe. Die Ricardianische Äquivalenz besagt, dass eine durch die Begebung von Anleihen finanzierte Erhöhung der Staatsausgaben gleichwertig (äquivalent) ist mit einer durch die Erhebung der Steuern finanzierten Erhöhung der Staatsausgaben. Das ist, woher „Äquivalenz“ stammt, hebt Rowe hervor. Es bleibt immer noch die Möglichkeit offen, dass eine Erhöhung der Staatsausgaben (sei es durch Anleihe-Begebung oder mit Steuern finanziert) eine Auswirkung haben wird. Aber eine unmittelbare Begleiterscheinung der Ricardianischen Äquivalenz ist, dass eine mit Anleihen finanzierte Steuersenkung (oder eine Transferzahlung), während die Staatsausgaben unverändert bleiben, keine Auswirkungen haben wird, hält Rowe fest.
Ebenfalls lesenswert ist ein älterer Beitrag („But where will the demand come from?“) von Rowe, der Wirtschaftsprofessor an der Carleton University, auf den wir hier bereits hingewiesen haben, dass Nachrage Einkommen schafft und dass Einkommen Nachfrage schafft. Das heisst, dass Nachfrage Nachfrage schafft. Das ist die Grundeinsicht des „Old Keynesian“-Multiplikators, was in der „New Keynesian-Euler“-Gleichung verloren gegangen ist, fasst Rowe zusammen.
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