Aufgrund der schleppenden privaten Nachfrage schweben mehrere fortgeschrittene Volkswirtschaften am Rande einer zweiten Rezession. Doch in vielen dieser Länder richtet sich das wirtschaftspolitische Augenmerk nach dem Haushaltsdefizit und dem Abbau der Staatsausgaben. Dies erstellt eine gefährliche Ansammlung von Risiken für die Weltwirtschaft, berichtet UNCTAD in einer heute vorgelegten Forschungsarbeit „Fiscal Austerity Threatens a Global Recession“, Nr. 24, December 2011.
Der private Sektor kann nur dann erfolgreich Schulden abbauen (deleveraging), wenn jemand anderes bereit ist, höhere Schulden zu übernehmen, um auf diese Weise die Nachfrage anzukurbeln, unterstreicht die UN-Organisation für Handel und Entwicklung mit Sitz in Genf.
Wenn der private und der öffentliche Sektor versuchen, gleichzeitig Schulden abzubauen, müssen sie entweder anderswo Kreditnehmer finden oder die Wirtschaft trudelt in eine Depression. Da die entwickelte Welt sowohl unfähig als auch unwillig ist, die Rolle des „Kreditnehmers der letzten Instanz“ (debtor of last resort) zu übernehmen, bildet sich ein gefährlicher Druck auf. Solange es keine rasche politische Trendwende gibt, ist die Weltwirtschaft in Gefahr, die Fehler von 1930er Jahren zu wiederholen. In der heutigen stark integrierten globalen Wirtschaft wirkt sich die deflationäre Ansteckung auf alle Länder aus. Die Schwellen- und Entwicklungsländer brauchen dringend Notfallpläne.
Fortgeschrittene Länder: Staatseinnahmen und –ausgaben und Fiscal Balance, (1997-2010), Graph: UNCTAD-Bericht, Dezember 2011
Blau: Staatseinnahmen, Gelb (gestrichelt): Primärüberschuss, Lila: Staatsausgaben, Blaue (gestrichelt): Die gesamte Haushaltsbilanz (Überschuss resp. Defizit)
Die heutigen Haushaltsdefizite sind die Folge der Finanzkrise, nicht ihre Ursache. In den entwickelten Ländern (von 1997 bis 2008) schwankte der Primärüberschuss zwischen -1,5% und +3,2% des BIP, während das Haushaltsdefizit zwischen -4,3% und -0,4% lag.
Im Durchschnitt betrug der Primärüberschuss während dieser Periode 0,8% und das Haushaltsdefizit belief sich auf -2,4% des BIP. Auch wenn man die Krisenjahre mitberücksichtig, lag der Primärüberschuss im Durchschnitt auf nur -0,1%. Das Budgetdefizit auf -3,3%. Das Defizit ist nur nach der Krise auf das heutige Niveau abgerutscht.
Das Ziel ist Wachstum, nicht Defizit, was die wirtschaftspolitischen Massnahmen anpeilen sollten, fasst der UNCTAD-Bericht (h/t to NachDenkSeiten) zusammen.
PS: Der Bericht trägt definitiv die Unterschrift von Heiner Flassbeck, dem Chefökonomen der UNCTAD, auch wenn sein Name nicht darunter steht.
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