Neue Leser wollen wissen, warum Paul Krugman öfters auf die fallende Inflation in Grossbritannien oder auf das ausserordentlich niedrige Zinsniveau in den Nicht-Euro-Ländern hindeutet. Es geht um Wirtschaftsmodelle, wie die Welt funktioniert. Natürlich haben solche Modelle politische Implikationen, wie Krugman in seinem Blog hervorhebt.
Am Anfang der mittlerweile seit mehr als vier Jahren anhaltenden Krise haben Krugman und einige wenige Ökonomen mit Nachdruck dargelegt, dass die Wirtschaft in eine klassische Liquiditätsfalle (liquidity trap) geraten ist.
Dies ist eine Situation, in der selbst Null-Zinsen nicht ausreichen, Vollbeschäftigung wiederherzustellen. Es ist eine Situation, wenn man logisch weiter denkt, in der die geplanten Ersparnisse, besser gesagt die Ersparnisse, die die Menschen gern machen würden, wenn die Wirtschaft auf Vollbeschäftigung wäre, höher sind als die geplanten Investitionen, auch wenn die Zinsen auf Null liegen.
Die Liquiditätsfalle, die im Grunde genommen ein besonderer Fall der IS-LM-Analyse (siehe English hier und Deutsch hier) ist, hat einige spezielle Eigenschaften. Insbesondere treibt auch eine grosse staatliche Kreditaufnahme die Zinsen nicht in die Höhe, nicht, solange die Kreditaufnahme ausreicht, um Vollbeschäftigung zu erreichen und man kann Geld drücken, wie man will, ohne Inflation auszulösen.
Monetäre Basis (Notenbankgeldmenge), Graph: FRED Fed St. Louis via Prof. Paul Krugman
Die politischen Rechten haben sich über diese Zusammenhänge mokiert. Sie haben erklärt, dass ein starker Anstieg der Inflation um die Ecke lauere und die Zinsen durch die Decke schiessen würden.
Brutto Ersparnisse der öffentlichen Hand, Graph: FRED Fed St. Louis via Prof. Paul Krugman
Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, wie die Konservativen auf die „Schuldenkrise in der Eurozone“ aufgreifen, um sich zu rechtfertigen. Die Euro-Story unterscheidet sich aber von der Story, die die Konservativen ursprünglich erzählen, betont der Träger des Wirtschaftsnobelpreises. Die Verzinsung der italienischen Staatsanleihen ist wegen Bedenken in Bezug auf die Zahlungsfähigkeit des Landes hoch. Die Story, die die politischen Rechte in Bezug auf die Zinsen erzählen, betrifft den Wettbewerb um die privaten Investitionen (private funds), nicht Bedenken in Sachen Rückzahlung. Das ist der Unterschied.
„Die Regierung muss die Zinsen erhöhen, um die Menschen zu überzeugen, damit sie der Regierung Geld leihen, was die Regierung braucht. Wir sehen bereits einem Defizit von 1‘200 Mrd. $ gegenüber in diesem Jahr und 700 Mrd. $ im nächsten Jahr. ....... Gerade jetzt sind viele Banken froh, US-Treasury Bonds zu kaufen, weil diese sichere Investitionen sind. Aber insgesamt dürfte dies nicht ausreichen. Die Regierung muss die Zinsen höher, höher und höher stellen, um die Menschen zu überzeugen, um die abnehmenden Einsparungen an die Regierung zu leihen. Und das wird die Wirtschaft für eine lange Zeit belasten“.
In der Abbildung (bis Ende 2011) sieht man, wie die Fed „Geld gedruckt“ hat. Eigentlich hat die Fed die Bankeinlagen erhöht, Krugman.
Die Zinsen sind natürlich nach wie vor niedrig. Die Realrenditen auf US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit ist sogar negativ.
US-Treasury Bonds (10 Jahre), Realrendite: Minus 0,094%, Graph: Bloomberg
Was die Inflation betrifft, stützten sich die oben genannten Behauptungen im Vorfeld auf den starken Anstieg der Rohstoffpreise zwischen dem Sommer 2010 und dem Anfang dieses Jahres ab, mit dem Hinweis auf eine Unebenheit im Verlauf der allgemeinen Inflation (headline inflation) als Beweis dafür, dass die Inflation kräftig ansteige. Es war aber kein Fall für eine im Inland erzeugte Inflation. Die „Unebenheit“ war auf die Nachfrage aus den Entwicklungsländern zurückzuführen. Da die Rohstoffpreise seit dem Frühjahr wieder zurückfallen, klingt die Inflation ab.
Die Moral der Geschichte ist, dass die eine Ansicht der Makroökonomie (vertreten v.a. durch Krugman) sich in der Kleinen Depression (Lesser Depression) bewahrheitet hat, während die alternative Ansicht kläglich versagte.
Krugman würde es daher gern sehen, wenn die Leute auf der anderen Seite der Debatte einräumen würden, dass sie falsch gelegen sind.
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