Mario Draghi warnt vor Kosten einer Auflösung der Eurozone. In seinem ersten Interview mit FT betont der EZB-Präsident die Bedeutung der „beispiellosen Massnahmen“, die die EZB getroffen habe, um die Krise zu bekämpfen und die Banken in der Eurozone zu stützen.
Draghi hebt insbesondere LTRO mit 3 Jahren Laufzeit (siehe hier) hervor und unterstreicht, dass die politischen Entscheidungsträger die Führung übernehmen sollen, um das Vertrauen der Investoren in Sachen öffentliche Verschuldung wiederherzustellen, d.h. mehr Haushaltsdisziplin und Förderung des europäischen Rettungsschirms (kurz EFSF: European Financial Stability Facility).
Draghi deutet an, dass er dagegen ist, dass die EZB Grenzwerte in Bezug auf das Renditeniveau von europäischen Staatsanleihen oder die Risikoaufschläge zwischen den deutschen Bundesanleihen und den Staatspapieren aus der EU-Peripherie verfolgt.
Auf die Frage im Zusammenhang mit dem neuen EU-Haushaltspakt, was er davon halte, dass die übermässige Konzentration auf sparsame Haushaltsführung zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit und des Wachstums erfolge und dass der Pakt als „Stagnation und Austerity-Union“ genannt werde, antwortet Draghi, dass man damit Recht und nicht Recht habe.
„Sie haben Recht, denn es kann keine nachhaltige Wirtschaft ohne Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit und Schaffung von Arbeitsplätzen geben. Sie haben nicht Recht, wenn Sie denken, dass es ein Trade-off zwischen den beiden gibt.
Es gibt kein Trade-off zwischen Sparpolitik (fiscal austerity) und Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit“. Draghi würde aber nicht abstreiten, dass die Haushaltskonsolidierung zu einer Kontraktion in der kurzen Frist führt: „Aber dann müssen Sie sich fragen, was Sie machen können, um es zu mildern?“.
Draghi vertritt zwar die Ansicht, dass es zwischen der strengen Sparpolitik und dem Wachstum keinen Zielkonflikt gibt, aber erklärt nicht, woher das Wachstum kommen soll, wenn auch der Staat sparen soll, während die privaten Verbraucher Schulden abtragen, und weniger Geld ausgeben und die Unternehmen angesichts der mangelnden Nachfrage nicht expandieren können?
Das Sparen einer schwäbischen Hausfrau ist nicht gleichzusetzen mit dem Sparen einer Volkswirtschaft. Eine Familie kann anfangen, zu sparen, wenn sie mit dem Budget nicht zurechtkommt. Es klappt, weil die Einnahmen gleichbleiben. Da die Einnahmen der öffentlichen Hand nicht gegeben sind, stürzt die Konjunktur ab, wenn alle in einer schweren Depression gleichzeitig sparen. Die Ausgaben des einen sind die Einnahmen des anderen.
Da eine Währungsabwertung (wegen Einheitswährung) in der Eurozone nicht möglich ist und die EZB die „lender of last resort“-Fazilität nicht ausüben will, eine Umschuldung und Transfers innerhalb der EU von Deutschland abgelehnt werden, scheint Draghi alle Hoffnungen auf die Vertrauen Fee zu setzen. Oder befürwortet er unverhüllt eine internal devaluation (d.h. sinkende Löhne und Sozialabbau) in der Eurozone?
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