Angela Merkels Analyse ist völlig falsch. Es war nicht deficit spending durch die Regierungen, was zum wirtschaftlichen Zusammenbruch von 2007-2008 geführt hat, sondern übermässige Kreditvergabe durch die Banken, schreibt Robert Skidelsky in einem lesenswerten Kommentar („The Euro in a Shrinking Zone“) in Project Syndicate.
Wachsende Schulden der Staaten ist eine Antwort auf die Wirtschaftskrise gewesen, nicht die Ursache davon. Was im neuen EU-Vertrag hätte verankert werden sollen, war nicht permanente Sparpolitik (fiscal austerity), sondern robuste Regulierung des Finanzmarktes. Davon gibt es aber kaum Anzeichen, unterstreicht der emeritierte Professor für Wirtschaftspolitik an der Warwick University.
Der Grund, warum die Erholung aus dem Kollaps von 2007-2008 so schwach erfolgt, ist nicht kompliziert, zu erklären. Wenn eine Wirtschaft schrumpft, steigen Staatsschulden automatisch, weil die Staatseinnahmen sinken und die Ausgaben steigen. Wenn der Staat die Ausgaben kürzt, wachsen seine Ausgaben noch mehr, weil die Kürzung der Staatsausgaben die Wirtschaft weiter schrumpfen lässt. Dies drückt den Staat mehr, nicht weniger in Richtung Zahlungsunfähigkeit (default), hebt das Mitglied des britischen House of Lords hervor.
In der Eurozone liegen die meisten Staatsanleihen in den Beständen der privaten Banken. Nehmen die Schuldtitel zu, sinkt der Wert der Aktiva der Banken. Das heisst, dass die Krise der Staatsanleihen die Banken verschlingt.
Die Staaten auf rigorose Sparmassnahmen zu verpflichten, wie Merkel es getan hat, macht die Finanzkrise unvermeidlich. Weiterhin Sparpolitik als Erlösung zu verkünden, ist, während die Wirtschaft schrumpft und die Banken zusammenbrechen, eine Wiederholung des klassischen Fehlers des deutschen Reichkanzlers Heinrich Brüning in den Jahren 1930-1932, erklärt Skidelsky.
Die Idee, dass ein Land einen Handelsüberschuss erzielen kann, indem es nichts importiert, ist phantasievoll wie die Idee, dass ein Land seine Schulden bedienen kann, indem es sich der Einnahmen verhungert. Die Ausgaben einer Person ist das Einkommen einer anderen Person. Darauf zu bestehen, dass die wichtigsten Handelspartner ihre Ausgaben kürzen, bedeutet, dass Merkel Deutschlands wichtigste Quellen für das eigene Wachstum schneidet, fasst Skidelsky als Fazit zusammen.
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